21. Mai 2019

Der Systemwechsel

Das Ausmaß der Preisgabe des demokratischen Systems im EU-Handelsabkommen mit Singapur (EUSFTA) angesichts der Kompetenzen und Autonomie der darin vereinbarten »Ausschüsse«

Politikwissenschaftliches Gutachten im Auftrag von Marianne Grimmenstein

Dr. Thomas Köller   [Beitrag als PDF]       [Kurzversion als PDF]   

 

Inhalt

  1. Fragestellung und Ergebnis 3
  2. Einführung: Das EU-Singapur-Handelsabkommen EUSFTA und die darin vorgesehenen Ausschüsse 4
  3. Die völkerrechtliche und unionsrechtliche Verbindlichkeit der Ausschussentscheidungen 6
  4. Die Kriterien zur Bestimmung des Ausmaßes der Demokratiegefährdung durch die EUSFTA-Ausschüsse: Inhaltliche Reichweite und Grad der Verselbständigung 7
  5. Der Systemwechsel 9

    5.1 Die häufig zu weiten und vielfach autonom erweiterbaren inhaltlichen Mandate der EUSFTA-Ausschüsse  9
    5.1.1 Die formale Bindung der Entscheidungsbefugnis an inhaltliche Mandate  9
    5.1.2 Die allgemeine Auslegungskompetenz des Handelsausschusses als umfassende Blankettvollmacht 9
    5.1.3 Ausdrückliche Vertragsänderungsbefugnisse der Ausschüsse  13
    5.1.4 Unspezifizierte Mandate, die große Spielräume zum Erlass allgemeiner Regeln eröffnen  16
    5.1.5 Zwischenfazit 18

    5.2 Die weitgehende Verselbständigung der EUSFTA-Ausschüsse  18
    5.2.1 Mangelnde parlamentarische Beteiligung und Kontrolle  18
    5.2.2 Keine Vertretung der EU-Mitgliedstaaten in den Ausschüssen  18
    5.2.3 Die weitgehende Entscheidungsautonomie der EUSFTA-Ausschüsse ungeachtet Art. 218 Abs. 9 AEUV  24
    5.2.4 Mangelnde Unterrichtung der demokratischen Öffentlichkeit 26
  1. Zusammenfassung 30

    Literatur 31

1. Fragestellung und Ergebnis

Um die Handelspolitik ist es wieder ruhig geworden. Nachdem 2015 und 2016 noch Hunderttausende gegen TTIP und CETA auf die Straße gegangen waren und europaweit über 3 Millionen Menschen auch mit ihrer Unterschrift gegen diese seinerzeit geplanten EU-Handelsverträge mit den USA und Kanada protestiert hatten, wurde der entsprechende Vertrag mit Japan (JEFTA oder JEEPA) im Herbst 2018 ohne großes Aufsehen abgeschlossen. Dasselbe gilt bisher auch für den mit Singapur (EUSFTA), der am 13. Februar 2019 bereits die Zustimmung des Europäischen Parlaments gefunden hat.

Dabei ist die zentrale Frage, um die es in der Auseinandersetzung um TTIP und CETA ging, keineswegs obsolet: Bedeuten solche völkerrechtlichen Verträge nicht eine viel zu starke Einschränkung des demokratischen Handlungsspielraums, nämlich des demokratischen Handlungsspielraums zur Regulierung der Wirtschaft im Interesse der Allgemeinheit?

Die heute politisch Verantwortlichen behandeln diese Frage wie eine lästige Fliege und selbst der weltweite Siegeszug rechtsradikaler Kräfte dient ihnen noch als Gelegenheit, die berechtigte Frage nach der Demokratieverträglichkeit der Freihandelsagenda zur Seite zu schieben: Gegenüber nationalistischen Demokratiefeinden fällt es leicht, die Position der aufgeklärten Demokraten einzunehmen, die wissen, dass sich viele Probleme heute nur grenzüberschreitend durch internationale Zusammenarbeit lösen lassen.

In der Tat. Doch wahr ist auch, dass die internationale Zusammenarbeit, sofern sie im Bereich der Handels- und Investitionsschutzpolitik stattfindet, zwei durchaus verstörende Besonderheiten aufweist: Zum einen wird sie speziell in diesem Bereich durch einen Fachdiskurs gestaltet, der die optimale Lösung gesellschaftlicher Probleme – seien sie grenzüberschreitend oder nicht – immer in einem noch freieren, deregulierteren, liberalisierteren Markt ohne alle Grenzen sieht. Und zum anderen ist die internationale Zusammenarbeit in der Handels- und Investitionsschutzpolitik auch viel verbindlicher ausgestaltet als in anderen Bereichen wie dem Schutz des Klimas oder der Menschenrechte in der globalisierten Wirtschaft. Somit steht dem Beitrag, den die internationale Handels- und Investitionsschutzpolitik zur Lösung grenzüberschreitender Probleme leisten mag, deutlich die schwere Behinderung ebensolcher Problemlösungen durch dieselbe Handels- und Investitionsschutzpolitik gegenüber, nämlich überall dort, wo Lösungen, wie in einer Sozialen Marktwirtschaft vielfach üblich und bewährt, marktkorrigierend zu sein hätten.[1]

Damit aber kehrt auch die lästige Fliege zurück: Regieren EU-Handelsverträge, die der Idee, dass der Markt möglichst wenig korrigiert werden sollte, verpflichtet sind und zudem starke Durchsetzungsmechanismen vorsehen, nicht in einer Weise in die EU und die EU-Mitgliedstaaten einschließlich Deutschlands hinein, die deren – im Fall der EU zumindest ansatzweise – demokratische Verfasstheit unterläuft oder aushebelt?

Diese Frage soll im Folgenden für das „Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur (EUSFTA)“ beantwortet werden und das Ergebnis muss alarmieren: Mit EUSFTA werden „Ausschüsse“ installiert, deren weitreichende legislative und judikative Befugnisse in großem Maß denen der Staatsführung einer Diktatur entsprechen.

70 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes droht Deutschland somit ein erneuter Systemwechsel.

2. Einführung: Das EU-Singapur-Handelsabkommen EUSFTA und die darin vorgesehenen Ausschüsse

Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur (EUSFTA)[2] hat die Errichtung einer Freihandelszone im Einklang mit den Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) zum Gegenstand (Art. 1.1 EUSFTA) und die Liberalisierung und Erleichterung des Handels und der Investitionen zwischen den Vertragsparteien zum Ziel (Art. 1.2 EUSFTA). Es umfasst zunächst die folgenden Bereiche:

- Marktzugang und Inländerbehandlung für Waren (Kap. 2, Anhänge zu Kap. 2, Protokoll 1, Vereinbarung Nr. 3, Gemeinsame Erklärung; alles i. V. m. Kap. 3 und 6);

- Abbau und künftige Vermeidung sogenannter nichttarifärer Handelshemmnisse, das heißt handelspolitikfremder Politiken und Maßnahmen, die gleichwohl aus der Perspektive der Handelspolitik als negativ betrachtet werden und deren Zulässigkeit unter EUSFTA entsprechend streng konditioniert ist; zum Beispiel

-- in Bezug auf Warenhandel in Kap. 2 Abschnitt C;

-- in Bezug auf Technische Handelshemmnisse in Kap. 4 und den zugehörigen Anhängen;

-- in Bezug auf sog. SPS-Maßnahmen (Sanitäre und Phytosanitäre Maßnehmen zum Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen) in Kap. 5 und Anhängen;

-- in Bezug auf Steuern in Art. 6.16 und Vereinbarung Nr. 1;

-- in Bezug auf die Erzeugung erneuerbarer Energien in Kap. 7,

-- in Bezug auf Genehmigungsverfahren und Qualifizierungsanforderungen in Kap. 8 Abschnitt E Unterabschnitt 2;

-- in Bezug auf die staatliche Alterssicherung und gesetzliche Systeme der sozialen Sicherheit in Art. 8.55.1;

-- in Bezug auf öffentliche Tätigkeiten und Dienstleistungen für Rechnung oder mit Garantie oder unter Verwendung finanzieller Mittel der Vertragspartei oder ihrer öffentlichen Stellen in Art. 8.55.3;

-- in Bezug auf die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und anderer multilateraler Umweltübereinkünfte in Art. 12.6.4.

- Liberalisierung von Dienstleistungen (einschließlich öffentlicher Dienstleistungen, Finanzdienstleistungen, internationale Seeverkehrsdienstleistungen, Computer-, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen), Direktinvestitionen sowie  elektronischem Handel (Kap. 8 und Anhänge);

- Zugang zu Beschaffungsmärkten (Kap. 9 und zahlreiche Anhänge);

- Schutz geistigen Eigentums (Kap. 10 und Anhänge zu geografischen Herkunftsangaben);

- Wettbewerbspolitik (Kap. 11 und Anhang);

- Nachhaltige Entwicklung (Arbeits- und Umweltpolitik) (Kap. 12);

Hinzu kommen außerdem als prozedurale und institutionelle Bestimmungen

- Regelungen zur Transparenz (Kap. 13) bzw. zur gegenseitigen Information und Konsultation (zum Beispiel Art. 12.6, Kap. 13),

- ein Kapitel zu förmlichen Mediationsverfahren (Kap. 15), von dem das Nachhaltigkeitskapitel und einige andere Vertragsteile jedoch ausgenommen sind (Art. 12.16.1 EUSFTA), und

- ein weiteres Kapitel zu sanktionsbewehrten Streitbeilegungsverfahren (Kap. 14), von denen das Nachhaltigkeitskapitel und einige andere Vertragsteile ebenfalls ausgenommen sind (Art. 12.16.1 EUSFTA), sowie schließlich

- die Einrichtung eines Systems von „Ausschüssen“ mit zahlreichen Mandaten zum Treffen bindender Entscheidungen hinsichtlich der Auslegung, Ausgestaltung und Änderung des EUSFTA und seiner Anhänge (Kapitel 16 i. V. m. zahlreichen Einzelartikeln im gesamten EUSFTA).

Letztgenanntes Ausschusssystem besteht aus dem durch Art. 16.1 EUSFTA eingesetzten „Handelsausschuss“ – der dem „Gemischten Ausschuss“ in den Handelsabkommen mit Kanada (CETA)[3] und Japan (JEFTA oder JEEPA)[4] vergleichbar ist – sowie zunächst vier durch Art. 16.2.1 eingesetzten Sonderausschüssen, nämlich den Ausschüssen

- „Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen“ („SPS-Ausschuss“),

- „Warenhandel“,

- „Zollausschuss“ und

- „Dienstleistungshandel, Investitionen und öffentliche Beschaffung“,

die vom Handelsausschuss aber umgestaltet, um weitere Sonderausschüsse ergänzt oder aufgelöst werden können (Art. 16.1.4 a EUSFTA). Der Handelsausschuss wird besetzt mit Vertretern der Vertragsparteien (Art. 16.1.1 EUSFTA), was auf europäischer Seite die Europäische Union ist, so dass die EU-Mitgliedstaaten nicht vertreten sind.[5] Die Zusammensetzung, die Zuständigkeit, die Aufgaben und gegebenenfalls die Arbeitsweise der Sonderausschüsse werden in den einschlägigen Bestimmungen des Abkommens oder vom Handelsausschuss festgelegt (Art. 16.2.2 EUSFTA).

Da EUSFTA, genau wie das Investitionsabkommen EUSIPA, ein spezifisches Abkommen im Rahmen des zeitgleich abgeschlossenen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens der EU mit Singapur (EUSPCA) darstellt (Art. 9.2 EUSPCA, Art. 16.18.1 EUSFTA), ist außerdem zu berücksichtigen, dass Art. 41 EUSPCA ebenfalls ein Ausschusssystem einsetzt, bestehend aus dem Gemischten Ausschuss, der seinerseits zu einzelnen Themen Unterausschüsse einsetzen kann (Abs. 3). Doch wie der nähere Blick zeigt, sind dessen Kompetenzen schwach: Er kann keine bindenden Entscheidungen treffen und insbesondere nicht in die EUSFTA-Ausschüsse ‚hineinregieren’, sondern erörtert lediglich, soweit gemeinsam vereinbart und angezeigt, das Funktionieren und die Umsetzung von EUSFTA und EUSIPA (Art. 41.5 EUSPCA). Tatsächlich sollen mit dem EUSFTA gerade die Handelsbestimmungen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommen durchgeführt werden (Art. 16.18.1 EUSFTA, Art. 9.2 EUSPCA). Auch stellen die Vertragsparteien klar, dass das EUSFTA sie „nicht verpflichtet, in einer Art und Weise zu handeln, die nicht mit ihren Verpflichtungen aus dem WTO-Übereinkommen vereinbar ist“ (Art. 16.18.2 EUSFTA), womit  die Allgemeinen Grundsätze aus Art. 1 EUSPCA abgeschüttelt werden, nämlich „die Achtung der demokratischen Grundsätze, der Rechtsstaatlichkeit und der grundlegenden Menschenrechte, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und anderen geltenden internationalen Menschenrechtsübereinkünften, zu deren Vertragsparteien sie gehören, niedergelegt sind“ (Abs. 1). Wie bereits gesehen, erwähnt EUSFTA an derselben Stelle (Art. 1.1) lediglich die Errichtung einer Freihandelszone in Einklang mit der WTO bzw. als Ziel die Liberalisierung und Erleichterung des Handels und der Investitionen (Art. 1.2).

3. Die völkerrechtliche und unionsrechtliche Verbindlichkeit der Ausschussentscheidungen

Ungeachtet dieser Reduzierung der obersten Prinzipien auf die ökonomischen Handelsfreiheiten wird dem EUSFTA-Handelsausschuss und den EUSFTA-Sonderausschüssen in einer Vielzahl von Bereichen die Kompetenz zur Verabschiedung verbindlicher Beschlüsse zuerkannt.

„In den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen können die Vertragsparteien Beschlüsse im Handelsausschuss oder in einem Sonderausschuss fassen. Die in einem solchen Ausschuss gefassten Beschlüsse sind für die Vertragsparteien verbindlich, die die für die Umsetzung der Beschlüsse erforderlichen Maßnahmen treffen.“ (Art. 16.4.1 EUSFTA)

Die Beschlüsse der EUSFTA-Ausschüsse sind damit auch für die EU und Deutschland verbindlich – zunächst völkerrechtlich, aber aufgrund der EU-Verträge zugleich auch unionsrechtlich, also nach EU-Recht, denn Art. 216 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bestimmt: „Die von der Union geschlossenen Übereinkünfte binden die Organe der Union und die Mitgliedstaaten.[6]

Gleichzeitig ist es insofern auch belanglos, dass das EUSFTA selbst, ebenso wie CETA und JEFTA, festlegt, dass seine Bestimmungen keine direkte Durchgriffswirkung haben.[7]

Somit gilt also: Wollte beispielsweise Deutschland das EUSFTA oder die Beschlüsse der EUSFTA-Ausschüsse einfach ignorieren – etwa insofern der Bundestag ein Arbeits-, Sozial- oder Umweltgesetz beschließen wollte, das dem widerspricht –, könnte nicht nur Singapur dagegen vorgehen, nämlich durch Anstrengung eines Streitbeilegungsverfahrens nach Kap. 14 EUSFTA, aufgrund dessen es letztlich die Erlaubnis zur Erhebung von Strafzöllen erhielte. Vielmehr träte auch die EU-Kommission auf den Plan wäre mit großer Wahrscheinlichkeit eine entsprechende Verurteilung Deutschlands durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) das Ergebnis.

4. Die Kriterien zur Bestimmung des Ausmaßes der Demokratiegefährdung durch die EUSFTA-Ausschüsse: Inhaltliche Reichweite und Grad der Verselbständigung

Es ist evident, dass die völkerrechtliche wie unionsrechtliche Verbindlichkeit der EUSFTA-Ausschussentscheidungen eine Gefahr für die Demokratie bedeuten kann, da sich ihr mittels Volksabstimmungen oder Parlamentsbeschlüssen nur entkommen ließe, wenn diese Abstimmungen oder Beschlüsse zu einer Beendigung des EUSFTA durch die EU oder zu einem Austritt etwa Deutschlands aus der EU führten.

Dennoch bedeutet die völkerrechtliche wie unionsrechtliche Verbindlichkeit der EUSFTA-Ausschussentscheidungen per se noch keine tatsächliche Demokratiegefährdung. Eine solche Gefährdung oder gar der Wechsel zu einem nicht mehr demokratischen System liegt  vielmehr nur in dem Maß vor, in dem

- die Ausschüsse über eng umschriebene, rein technische Fragen hinaus auch Fragen von grundlegender Bedeutung entscheiden und/oder sich eigenständig neue Betätigungsfelder suchen können, und in dem

- sich die Arbeit der Ausschüsse gegenüber dem demokratischen Prozess in der EU und ihren Mitgliedstaaten verselbständigt und also unzureichend oder gar nicht demokratisch legitimiert und/oder kontrolliert ist.

Diese Kriterien sind nicht willkürlich gewählt, sondern ergeben sich aus der grundlegenden Anforderung an ein demokratisches System, nämlich dass eben demokratisch zu entscheiden sei, welche allgemeinen Regeln gelten sollen. Somit ist es in einem demokratisch-parlamentarischen System in der Regel das Parlament, und nicht die Regierung, das die allgemeinen Regeln in Form von Gesetzen beschließt; und entsprechend lässt auch das Grundgesetz (GG) Regelsetzung durch nicht-parlamentarische Gremien nur in engen Grenzen zu. Zwar darf der Bundestag die Bundesregierung, einen Bundesminister oder die Landesregierungen per Gesetz zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, doch müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden.[8] Zudem ist der Bundestag natürlich jederzeit frei, Gesetzesänderungen zu beschließen und damit die Änderung ihm nicht genehmer Verordnungen zu erzwingen, so dass insofern eine parlamentarische Kontrolle des rein exekutiven Verordnungserlasses stattfindet.

Insofern diese letztgenannte Möglichkeit nach der Übertragung von Hoheitsrechten auf supranationale Einheiten – also etwa auf die EU oder auf durch EU-Verträge mit Drittstaaten geschaffene Gremien wie die EUSFTA-Ausschüsse – nicht mehr existiert, ist bei solchen Übertragungen sogar noch sorgfältiger auf inhaltliche Begrenztheit und parlamentarische Kontrolle zu achten: Übertragungen auf supranationale Einheiten sind zwar möglich und vom Grundgesetz mit Blick auf ein vereintes Europa und den Frieden in der Welt sogar gefordert.[9] Doch wie nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht unter Berufung auf das Demokratieprinzip in mehreren Urteilen sehr deutlich gemacht hat,[10] ist es auch hier das Parlament, also der Bundestag, der die Souveränitätsübertragung nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung in einem Zustimmungsgesetz vorzunehmen hat – bzw. der überall dort, wo dieses Prinzip seitens des EU-Primärrechts oder seitens Verträgen wie EUSFTA überschritten wird, an der Ausübung der entsprechenden supranationalen Zuständigkeiten teilnehmen muss. So hat das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf den Lissabon-Vertrag seinerzeit verlangt (und der Bundestag ist dem nachgekommen),[11] dass der deutsche Vertreter im EU-Ministerrat einer EU-Kompetenzausweitung gemäß Artikel 352 AEUV nur dann zustimmen dürfe, wenn er zuvor durch ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz dazu ermächtigt wurde.[12]

Allenfalls können die demokratische Legitimation und Kontrolle durch das Europäische Parlament statt durch den Bundestag wahrgenommen werden, doch setzt das Demokratieprinzip auch hier gewisse Schranken, die sich aus der nur begrenzten demokratischen Verfasstheit der EU ergeben.

Insgesamt gilt somit, dass das Demokratieprinzip nicht mit weitreichenden Delegationen politischer Gestaltungsmacht an nicht-parlamentarische Gremien, gar auf supranationaler Ebene vereinbar ist. Unproblematisch ist lediglich die Übertragung rein ‚technischer’ Aufgaben, und dies auch nur in dem Maß, in dem diese genau spezifiziert sind und ihre Wahrnehmung durch das fragliche nicht-parlamentarische bzw. supranationale Gremium parlamentarisch kontrolliert wird.[13]

Wie die Analyse im folgenden Kapitel 5 zeigen wird, werden diese Grenzen durch die EUSFTA-Ausschüsse in einem Ausmaß missachtet, dass von einem Systemwechsel gesprochen werden muss: Zum einen erlauben ihre Kompetenzen inhaltlich ein (häufig autonom erweiterbares) Hinausgreifen weit heraus auf das Feld allgemeiner Regeln von grundlegender Bedeutung (5.1); und zum anderen findet die Arbeit der Ausschüsse ohne jede Kontrolle seitens des Bundestages oder des EU-Parlaments, geschweige denn der Öffentlichkeit statt, während noch nicht einmal die Mitgliedstaaten in Gestalt ihrer Regierungen verlässlich Einfluss nehmen können (5.2).

5. Der Systemwechsel

5.1 Die häufig zu weiten und vielfach autonom erweiterbaren inhaltlichen Mandate der EUSFTA-Ausschüsse

5.1.1 Die formale Bindung der Entscheidungsbefugnis an inhaltliche Mandate

Hält man sich zunächst an diejenigen EUSFTA-Bestimmungen, durch die die Ausschüsse installiert und mit der Befugnis zum Treffen von für die Vertragsparteien verbindlichen Entscheidungen ausgestattet werden, so stellt man fest: Diese erteilen den Ausschüssen keineswegs eine pauschale Entscheidungsbefugnis; vielmehr binden sie diese daran, dass an anderen Stellen des Abkommens konkrete inhaltliche Mandate erteilt werden. So ist an der bereits oben in Kapitel 3 zitierten Stelle von „den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen“ die Rede:

„In den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen können die Vertragsparteien Beschlüsse im Handelsausschuss oder in einem Sonderausschuss fassen. Die in einem solchen Ausschuss gefassten Beschlüsse sind für die Vertragsparteien verbindlich, die die für die Umsetzung der Beschlüsse erforderlichen Maßnahmen treffen.“ (Art. 16.4.1 EUSFTA)

Ähnliche Formulierungen finden sich in Art. 16.1.4[14] und 16.5.2[15] des EUSFTA.

Zu prüfen ist also, welche inhaltlich bestimmten Mandate den EUSFTA-Ausschüssen im übrigen EUSFTA-Vertragstext konkret erteilt werden.

5.1.2 Die allgemeine Auslegungskompetenz des Handelsausschusses als umfassende Blankettvollmacht

Nach Art. 16.1.4 d EUSFTA kann der Handelsausschuss Auslegungen aller EUSFTA-Bestimmungen vornehmen und diese Auslegungen sind dann nicht nur für alle originären EUSFTA-Gremien bindend, sondern (anders als noch nach Art. 26.1.5 e CETA) auch „für die Vertragsparteien“.

„Der Handelsausschuss kann ... d) Auslegungen der Bestimmungen dieses Abkommens beschließen, die für die Vertragsparteien und alle im Rahmen dieses Abkommens eingesetzten Gremien, einschließlich der Schiedspanels nach Kapitel Vierzehn (Streitbeilegung), verbindlich sind“ (Art. 16.1.4 EUSFTA; Unterstreichungen hier und im weiteren Verlauf durch mich, TK)

(i) Diese allgemeine Auslegungskompetenz ist allein schon deshalb sehr weitreichend, weil EUSFTA, genau wie CETA und JEFTA, zahlreiche nur vage bestimmte Begriffe enthält und insofern eine enorme Rechtsunsicherheit und einen großen Bedarf an Auslegungen schafft.[16]

So sind systematisch auslegungsbedürftig zunächst die allermeisten derjenigen Regelungen, die bestimmte Ausnahmen von den Liberalisierungsverpflichtungen nur unter Vorbehalten erlauben oder die die Voraussetzungen dafür formulieren, dass die Staaten überhaupt – nicht nur aus handelspolitischen bzw. protektionistischen Erwägungen – Gesetze zur Regulierung der Wirtschaft beschließen können. Dafür im Folgenden einige Beispiele aus den Kapiteln 4 (Technische Handelshemmnisse), 5 (Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen), 6 (Zoll- und Handelserleichterungen), 7 und 8 (Dienstleistungen, Niederlassung und elektronischer Geschäftsverkehr):

ARTIKEL 4.10 Kennzeichnung und Etikettierung

(1) Die Vertragsparteien nehmen zur Kenntnis, dass nach Anhang 1 Nummer 1 TBT-Übereinkommen eine technische Vorschrift unter anderem oder ausschließlich Festlegungen über Kennzeichnungs- oder Etikettierungserfordernisse enthalten kann, und vereinbaren, dass sie, sofern ihre technischen Vorschriften obligatorische Kennzeichnungs- oder Etikettierungsauflagen enthalten, sicherstellen, dass diese Vorschriften nicht in der Absicht oder mit der Wirkung ausgearbeitet werden, unnötige Hemmnisse für den internationalen Handel zu schaffen, und dass diese Vorschriften nicht handelsbeschränkender sind als notwendig, um ein berechtigtes Ziel zu erreichen, wie in Artikel 2.2 TBT-Übereinkommen vorgesehen.

ARTIKEL 5.6 Allgemeine Grundsätze

Bei der Durchführung dieses Kapitels beachten die Vertragsparteien folgende Grundsätze: ...

b) sie nutzen SPS-Maßnahmen nicht dazu, ungerechtfertigte Handelshemmnisse aufzubauen,

c) sie stellen sicher, dass die nach Maßgabe dieses Kapitels festgelegten Verfahren ohne ungebührliche Verzögerungen durchgeführt und abgeschlossen werden und dass sie nicht so angewandt werden, dass die andere Vertragspartei willkürlich oder ungerechtfertigt diskriminiert wird, wenn gleiche oder ähnliche Voraussetzungen gegeben sind, und

d) sie verwenden weder die Verfahren des Buchstabens c noch etwaige Ersuchen um Zusatzauskünfte dazu, den Zugang zu ihren jeweiligen Märkten ohne wissenschaftlich-technische Rechtfertigung zu verzögern.

(Hinweis: Sollte das Erfordernis ‚wissenschaftlich-technischer Rechtfertigungen’ im Sinne des sogenannten wissenschaftsbasierten Ansatzes ausgelegt werden, wonach SPS-Maßnahmen erst bei Vorliegen sicherer Beweise für die Schädlichkeit eines Produkts ergriffen werden können, wäre das in Deutschland und Europa verfassungs- bzw. primärrechtlich geschützte Vorsorgeprinzip nach Art. 20a GG bzw. Art. 191 Abs. 2 AEUV vollständig unterlaufen, denn dieses sieht SPS-Maßnahmen gerade bereits bei unsicherer Datenlage vor.)

ARTIKEL 6.1 Ziele

(3) Die Vertragsparteien erkennen an, dass berechtigte Gemeinwohlziele wie Sicherheit, Verbrauchersicherheit und Betrugsbekämpfung in keiner Weise beeinträchtigt werden dürfen.

ARTIKEL 6.6 Vereinfachte Zollverfahren

(1) Jede Vertragspartei stellt vereinfachte Ein- und Ausfuhrverfahren bereit, die transparent und effizient sind und auf die Kostensenkung und bessere Planbarkeit für die Wirtschaftsbeteiligten, einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen, abzielen. Leichterer Zugang zu zollrechtlichen Vereinfachungen wird auch zugelassenen Händlern nach objektiven und diskriminierungsfreien Kriterien gewährt.

ARTIKEL 6.16 Beziehungen zur Wirtschaft

Die Vertragsparteien kommen überein,

a) dass es bei der Ausarbeitung von Gesetzgebungsvorschlägen und allgemeinen Verfahren im Zusammenhang mit Zoll und Handelserleichterung notwendig ist, rechtzeitig Konsultationen mit Vertretern des Handels aufzunehmen. Zu diesem Zweck werden entsprechende Konsultationen zwischen den Zollbehörden und Vertretern der Wirtschaft geführt;

b) neue Rechtsvorschriften und allgemeine Verfahren im Zusammenhang mit Zoll und Handelserleichterung vor ihrer Anwendung zu veröffentlichen oder der Öffentlichkeit auf andere Weise zugänglich zu machen, nach Möglichkeit in elektronischer Form; dies gilt auch für Änderungen und Auslegungen solcher Rechtsvorschriften und Verfahren; ..;

c) dass zwischen der Veröffentlichung und dem Inkrafttreten neuer oder geänderter Rechtsvorschriften und Verfahren sowie neuer oder geänderter Gebühren oder Belastungen eine angemessene Zeitspanne liegen muss, unbeschadet berechtigter Gemeinwohlziele (z. B. Änderung von Zollsätzen), und

d) dafür zu sorgen, dass ihre jeweiligen Zoll- und zollbezogenen Anforderungen und Verfahren weiterhin den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechen, an bewährten Verfahren ausgerichtet sind und den Handel möglichst wenig beschränken.

ARTIKEL 7.6 Ausnahmen

... (2) Zur Klarstellung gilt: Unter der Voraussetzung, dass die Maßnahmen nicht so angewandt werden, dass sie zu einer willkürlichen oder ungerechtfertigten Diskriminierung zwischen den Waren, Dienstleistungsanbietern oder Investoren der Vertragsparteien, soweit gleiche Umstände gegeben sind, oder zu einer verschleierten Beschränkung des Handels und der Investitionen zwischen den Vertragsparteien führen, ist dieses Kapitel nicht dahin gehend auszulegen, dass es eine der Vertragsparteien hindert, Maßnahmen zu treffen oder durchzusetzen, die für den sicheren Betrieb der betreffenden Energienetze oder die Sicherheit der Energieversorgung notwendig sind.

ARTIKEL 8.1 Ziel und Anwendungsbereich

(3) Jede Vertragspartei behält das Recht, Regulierungen vorzunehmen und neue Vorschriften zu erlassen, um auf eine mit diesem Kapitel im Einklang stehende Weise berechtigte politische Ziele zu verwirklichen.

ARTIKEL 8.50 Aufsichtsrechtliche Ausnahmeregelung

(1) Dieses Abkommen ist nicht dahin gehend auszulegen, dass es eine Vertragspartei daran hindert, aus aufsichtsrechtlichen Gründen angemessene Maßnahmen wie die folgenden einzuführen oder aufrechtzuerhalten: ...

(2) Diese Maßnahmen dürfen nicht belastender sein als zur Erreichung ihres Ziels erforderlich; sie dürfen weder zu einer willkürlichen oder ungerechtfertigten Diskriminierung von Finanzdienstleistungsanbietern der anderen Vertragspartei gegenüber den eigenen gleichen Finanzdienstleistungsanbietern noch zu einer verschleierten Beschränkung des Handels mit Dienstleistungen führen.

In ähnlicher Weise sind ebenfalls zahlreiche derjenigen Bestimmungen stark auslegungsbedürftig, die den Einbezug oder Nichteinbezug bestimmter Bereiche in den Anwendungsbereich des Abkommens oder einzelner seiner Teile betreffen; beispielsweise:

ARTIKEL 16.6 Steuern

(1) Dieses Abkommen ist auf Steuervorschriften nur insoweit anzuwenden, als dies für die Durchführung der Bestimmungen dieses Abkommens erforderlich ist.

(3) Dieses Abkommen hindert keine Vertragspartei daran, eine steuerliche Maßnahme einzuführen oder aufrechtzuerhalten, bei der die Steuerpflichtigen auf der Grundlage rationaler Kriterien unterschiedlich behandelt werden, etwa einer Unterscheidung danach, ob Steuerpflichtige sich in der selben Situation befinden, insbesondere hinsichtlich ihres Wohnorts oder ihres Kapitalanlageorts.

ARTIKEL 11.7 Verbotene Subventionen

(3) Die Bestimmungen des Absatzes 2 Buchstaben a und b hindern eine Vertragspartei nicht daran, Subventionen zu vergeben, die zur Behebung einer beträchtlichen Störung in ihrem Wirtschaftsleben gewährt werden. Eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben einer Vertragspartei ist eine außergewöhnliche, vorübergehende schwere Krise, die nicht nur eine bestimmte Region oder einen bestimmten Wirtschaftssektor dieser Vertragspartei, sondern ihre gesamte Volkswirtschaft betrifft.

Zudem ist, auch angesichts der Befugnis des Handelsausschusses, Regeln für die Vergabe „sonstiger“ (nicht schon nach Art. 11.7 verbotener) Subventionen zu beschließen (Art. 11.8.2), die sehr große Unbestimmtheit bereits des bloßen Begriffs der Subvention hervorzuheben, die auch durch die Hinweise auf Artikel 1 Absatz 1 sowie Artikel 2 des Subventionsübereinkommens (in Art. 11.5 Absätze 1 und 2 EUSFTA) nicht beseitigt wird.

Hinzu kommen schließlich noch die verschiedenen, seit den WTO-Verträgen bzw. dem im Rahmen der WTO vereinbarten Allgemeinen Dienstleistungsabkommen (GATS) umstrittenen Begriffe und Regelungen wie beispielsweise die „Hoheitsklausel”,[17] die sich in EUSFTA in Art. 8.1.2 b i. V. m. Art. 8.2 m (Definition) findet.

(ii) Zur Auslegungsbedürftigkeit vieler Begriffe bzw. Bestimmungen kommt außerdem hinzu, dass es im EUSFTA-Handelsausschuss die Vertragsparteien selbst sind, die die Auslegungen vornehmen, so dass hier wegen Art. 31 Abs. 4 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge[18] ein größerer Spielraum besteht, sich von reinen Auslegungen stärker in Richtung Vertragsänderungen zu bewegen.

(iii) Und drittens schließlich gibt es keinerlei Berufungsinstanz oder anderweitige juristische – insbesondere auch keine an der Menschenwürde ausgerichtete verfassungsrechtliche –  Überprüfung und keinerlei Möglichkeit, durch einen parlamentarischen Beschluss zur Änderung des EUSFTA die Korrektur einer bestimmten Auslegung des Handelsausschusses zu erzwingen. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der, die seit Jahren im Bereich der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit existiert, wo sie zu einer ständigen Ausweitung der Sachverhalte geführt hat, die unter das Gebot der ‚fairen und billigen Behandlung’ und das Verbot der ‚indirekten Enteignung’ (jeweils ausländischer Investoren) gefasst wurden – mit weitreichenden Folgen für den Handlungsspielraum demokratischer Politik, angesichts drohender Schadenersatzansprüche ausländischer Investoren, und unter Missachtung aller methodischen Regeln seriöser Rechtsauslegung.[19]

Ein entsprechendes Ergebnis wäre von der allgemeinen Auslegungskompetenz des EUSFTA-Handelsausschusses nach Art. 16.1.4 d EUSFTA zu erwarten – nur, dass hier noch nicht einmal ein ‚Erkaufen’ politischer Maßnahmen durch Zahlung von Schadenersatz, oder ein politischer Ausgleich angesichts eines vertragswidrigen Verhaltens der anderen Vertragspartei in anderen Bereichen möglich wäre, nämlich insoweit diese Maßnahmen durch die Auslegungen des Handelsausschusses schlicht unionsrechtlich unzulässig würden.

Trotzdem wird es dem EUSFTA-Handelsausschuss durch seine allgemeine Auslegungskompetenz ohne Weiteres ermöglicht, die Liberalisierungsverpflichtungen des EUSFTA (auch im Bereich der Daseinsvorsorge und in Bezug auf die Konditionierung der Zulässigkeit potentiell handelsbeschränkender, politischer Maßnahmen aller Art) nach Belieben so weit auszulegen und damit verbindlich auszuweiten, dass die Freiheit des deutschen Gesetzgebers, die Wirtschaft weiterhin im Sinne einer Sozialen Marktwirtschaft demokratisch zu gestalten, erheblich eingeschränkt oder sogar weitgehend beseitigt wäre. Damit ist die Einlösbarkeit der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG mindestens in Bezug auf das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG nicht mehr aus dem Grundgesetz heraus gesichert, sondern abhängig von der Art und Weise, in der der Handelsausschuss – ohne verfassungsrechtliche und parlamentarische Kontrolle und ohne, dass die EU-Mitgliedstaaten ihm angehörten – seine allgemeine Auslegungskompetenz wahrnimmt. Insofern gehen seine Kompetenzen allein aufgrund seiner allgemeinen Auslegungskompetenz sehr weit über das vom Demokratieprinzip gesetzte Maß hinaus: Der Handelsausschuss kann damit nicht nur über rein technische Fragen entscheiden, sondern Fragen von sehr wesentlicher, grundlegender Bedeutung regeln, was in einem demokratischen System nur Parlamenten zusteht.

Jedenfalls gilt für die EUSFTA-Ausschüsse a forteriori, was das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Lissabonvertrag über die EU-Organe ausgeführt hat:

„Wenn im europäischen Integrationsprozess das Primärrecht durch Organe verändert oder erweiternd ausgelegt wird, entsteht eine verfassungsrechtlich bedeutsame Spannungslage zum Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und zur verfassungsrechtlichen Integrationsverantwortung des einzelnen Mitgliedstaates. Wenn Gesetzgebungs- oder Verwaltungszuständigkeiten nur unbestimmt oder zur dynamischen Fortentwicklung übertragen werden oder wenn die Organe Zuständigkeiten neu begründen, erweiternd abrunden oder sachlich ausdehnen dürfen, laufen sie Gefahr, das vorherbestimmte Integrationsprogramm zu überschreiten und außerhalb ihrer Ermächtigung zu handeln. Sie bewegen sich auf einem Pfad, an dessen Ende die Verfügungsgewalt über ihre vertraglichen Grundlagen steht, das heißt die Kompetenz, über ihre Kompetenzen zu disponieren. Eine Überschreitung des konstitutiven Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung und der den Mitgliedstaaten zustehenden konzeptionellen Integrationsverantwortung droht, wenn Organe der Europäischen Union unbeschränkt, ohne eine – sei es auch nur sehr zurückgenommene und sich als exzeptionell verstehende – äußere Kontrolle darüber entscheiden können, wie das Vertragsrecht ausgelegt wird.“ (BVerfG 2009: Rn. 238)

5.1.3 Ausdrückliche Vertragsänderungsbefugnisse der Ausschüsse

Erhebliche Gelegenheiten zum Erlass allgemeiner Regeln jenseits rein technischer Fragen ergeben sich auch aus einigen der folgenden Mandate sowohl des Handelsausschusses wie der Sonderausschüsse, „in den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen einen Beschluss zur Änderung dieses Abkommens (zu) fassen“ (Art. 16.5.2 EUSFTA) – hier zunächst die Mandate zur Änderung materiellrechtlicher Vertragsteile:

- Der Handelsausschuss kann vor dem Beitritt eines Drittlandes zur EU „gegebenenfalls notwendige Berichtigungen vornehmen oder Übergangsregelungen einführen“ (Art. 16.19.4 EUSFTA).

- „Wird eine Bestimmung des WTO-Übereinkommens, die von den Vertragsparteien in dieses Abkommen übernommen wurde, geändert, so konsultieren die Vertragsparteien einander im Handelsausschuss, um erforderlichenfalls zu einer für beide Seiten zufriedenstellenden Lösung zu gelangen. Nach einer solchen Überprüfung können die Vertragsparteien dieses Abkommen durch Beschluss im Handelsausschuss entsprechend ändern.“ (Art. 16.3 EUSFTA)

- Der Handelsausschuss kann das gesamte Kap. 7 (Nichttarifäre Handels- und Investitionshemmnisse im Bereich der Erzeugung erneuerbarer Energie), „soweit angezeigt, aktualisieren“ (Art. 7.7 EUSFTA).

- Der Ausschuss „Dienstleistungshandel, Investitionen und öffentliche Beschaffung“ kann Änderungen von Kap. 9 (Öffentliche Beschaffung) zu dessen Anpassung an Änderungen (oder die Ersetzung) des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) beschließen (Art. 9.20 EUSFTA).

- Gemäß Art. 2.6.4 und 2.15.2 b EUSFTA kann der (Sonder-)Ausschuss „Warenhandel“ den Anhang 2-A ändern, der Tempo und Stufen des Abbaus der Warenzölle festlegt. Dabei haben die Änderungen in Richtung „Beschleunigung und Ausweitung des Abbaus und der Beseitigung der Einfuhrzölle“ (Art. 2.6.4, Satz 1) bzw. in Richtung „Erweiterung des Umfangs der Verpflichtungen bezüglich nichttarifärer Maßnahmen im Rahmen dieses Abkommens“ (Art. 2.15.2 b) zu erfolgen. Gleichzeitig zeigt das Beispiel der Verhandlungen, die im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) um die Liberalisierung des Agrarhandels geführt wurden, dass der weitere bzw. beschleunigte Abbau von Zöllen selbst im Rahmen eines zu diesem Zweck geschaffenen Vertragswerks keineswegs nur eine rein technische, sondern eine höchst politische Frage ist: Obwohl es die westlichen Industrieländer waren, die die WTO aufs Gleis gesetzt und strikt (selbst auf Kosten der Menschenrechte) auf die Förderung des Freihandels verpflichtet haben, haben sie es doch zugleich auch vorgezogen, die WTO zu blockieren, statt den Forderungen der Entwicklungsländer nach Abbau ihres Protektionismus im Bereich des Agrarhandels nachzugeben.

- Gemäß Art. 2.13.1 Satz 2 und 2.15.2 b EUSFTA kann der (Sonder-)Ausschuss „Warenhandel“ auch die Anhänge 2-B und 2-C ändern, auch hier wiederum nur in Richtung weiterer Liberalisierung. Anhang 2-B betrifft Kraftfahrzeuge und Teile davon; Anhang 2-C Arzneimittel und Medizinprodukte. Über den allgemeinen politischen Charakter von Zollsenkungen hinaus sind hier auch grundlegende, nicht-handelspolitische Fragen der Regulierung berührt.

- Der Ausschuss „Dienstleistungshandel, Investitionen und öffentliche Beschaffung“ kann die Anhänge zu Kapitel 8 (Dienstleistungen, Investitionen und elektronischer Geschäftsverkehr) ändern (Art. 8.63 Satz 2 EUSFTA), welche die entsprechenden Liberalisierungsverpflichtungen der EU (Anhang 8-A) und Singapurs (Anhang 8-B) auflisten. Er ist sogar dazu angehalten, insofern solche Änderungen das Ergebnis der Überprüfung des gesamten Kapitels 8 sowie der zugehörigen Anhänge 8-A und 8-B zu sein haben, welche die Vertragsparteien „spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Abkommens und danach in regelmäßigen Abständen“ vornehmen werden, um „unter Gewährleistung eines insgesamt ausgewogenen Verhältnisses zwischen Rechten und Pflichten die Liberalisierung weiter zu vertiefen und die noch bestehenden Beschränkungen zu beseitigen“ (Art. 8.63 Satz 1).

- Derselbe Ausschuss „Dienstleistungshandel, Investitionen und öffentliche Beschaffung“ kann zudem Änderungen von Kap. 9 (Öffentliche Beschaffung) zu dessen Anpassung an Änderungen (oder die Ersetzung) des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) beschließen (Art. 9.20).

- „Der Handelsausschuss nach Artikel 16.1 (Handelsausschuss) ist befugt, ... b) Anhang 10-B nach Maßgabe des Artikels 10.18 (Änderung der Liste der geografischen Angaben) zu ändern.“ (Art. 10.23 EUSFTA)

- Ebenso kann der „Zollausschuss“ das Protokoll 1 zu Ursprungsregeln und entsprechende Verwaltungszusammenarbeit ändern (Art. 34 eben dieses Protokolls)

Hinzu kommen, obwohl Art. 218 Abs. 9 AEUV derlei eigentlich verbietet, Mandate zur Änderung institutioneller und prozeduraler Grundstrukturen des EUSFTA:

- Nach Art. 14.23 EUSFTA kann der Handelsausschuss sowohl das gesamte Kapitel 14 zur Streitbeilegung wie auch dessen Anhänge 14-A (Verfahrensordnung für Schiedsverfahren Anhang) und 14-B (Verhaltenskodex für Schiedsrichter und Mediatoren) ändern.

- Nach Art. 16.1.4 a EUSFTA kann der Handelsausschuss „beschließen, Sonderausschüsse einzusetzen oder aufzulösen oder ihnen Zuständigkeiten zu übertragen“ wenn auch „mit der Einschränkung, dass den Sonderausschüssen übertragene Befugnisse, verbindliche Rechtsakte zu erlassen oder Änderungen anzunehmen, nur nach dem Änderungsverfahren des Artikels 16.5 (Änderungen) geändert werden können“.[20] Da die Einschränkung nur für bereits übertragene Befugnisse gilt und neue Befugnisse somit problemlos geschaffen werden können, und zwar auch Befugnisse „Änderungen anzunehmen“, könnte dies mittelbar auch eine unbegrenzte Blankovollmacht zu Vertragsänderungen durch vom Handelsausschuss kontrollierte Sonderausschüsse bedeuten. Jedenfalls wäre der Handelsausschuss ungeachtet der Formulierung „in den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen“ in Art. 16.5.2 (s. o.) nicht daran gehindert, dies kraft seiner allgemeinen Auslegungskompetenz (Art. 16.1.4 d) genau so auszulegen.

- „Der SPS-Ausschuss kann Facharbeitsgruppen aus Sachverständigen einsetzen; diese befassen sich mit wissenschaftlich-technischen Fragen, die sich aus diesem Kapitel ergeben, und sondieren Möglichkeiten zur weiteren Zusammenarbeit in SPS-Fragen, die von beiderseitigem Interesse sind. Wird zusätzliches Fachwissen benötigt, dürfen zur Arbeit in den Arbeitsgruppen auch Personen hinzugezogen werden, die keine Vertreter der Vertragsparteien sind.“ (Art. 5.15.3 EUSFTA)

- Der „Zollausschuss“ kann autonom „Untergruppen“ einrichten (Art. 6.17.3 Satz 2).

5.1.4 Unspezifizierte Mandate, die große Spielräume zum Erlass allgemeiner Regeln eröffnen

Einige unspezifizierte Mandate, die kein ausdrückliches Mandat zur Änderung bestimmter EUSFTA-Teile enthalten, eröffnen gleichwohl ebenfalls große Spielräume zum Erlass allgemeiner Regeln:

- So können sich tatsächlich erhebliche Vertragsänderungen aus dem Mandat des Handelsausschusses ergeben, die Ergebnisses einer Mediation anzunehmen (Art. 15.5.6 bzw. Art. 15.6 EUSFTA), wie sich auch daraus ergibt, dass den Vertragsparteien freigestellt wird, ihrerseits zunächst das normale Vertragsänderungsverfahren durchzuführen.

- Aufgrund des Mandats, Regeln für die Vergabe sonstiger (in Art. 11.7 EUSFTA nicht verbotener) Subventionen zu erlassen (Art. 11.8.2), in Verbindung mit der prinzipiellen Unbestimmtheit des Begriffs des Subvention, ist dem Handelsausschuss die Möglichkeit eröffnet, beliebige wettbewerbspolitische Festlegungen zu treffen, das heißt sämtliche demokratische Politik, die in irgendeiner Weise die Wirtschaft berührt, als Verstoß gegen wettbewerbliche Prinzipien zu unterbinden. Dieser Schluss ist umso unvermeidbarer, als der existierende Anhang 11-A bereits Grundsätze zur Vergabe sonstiger Subventionen enthält und dabei ausdrücklich davon ausgegangen wird, dass die dort behandelten sonstigen Subventionen KEINESWEGS Auswirkungen auf den Handel haben (Art. 11.8.1 Satz 2).

- Der Ausschuss „Warenhandel“ kann ohne jede Spezifizierung „jede ... erforderliche Durchführungsmaßname“ in Bezug auf Kap. 4 (Technische Handelshemmnisse) beschließen (Art. 4.12.1 EUSFTA). Damit kann er die in Art. 4.1 definierten Ziele dieses Kapitels, nämlich „den Warenhandel ... zu erleichtern und auszubauen, indem innerhalb des Anwendungsbereichs des TBT-Übereinkommens ein Rahmen zur Verhinderung, Ermittlung und Beseitigung unnötiger Handelshemmnisse geschaffen wird“, über alle anderen Ziele demokratischer Politik stellen. Mit anderen Worten: Es wird der demokratischen Politik die Möglichkeit genommen, selbst zu entscheiden, inwiefern eine technische Vorschrift primär als ‚unnötiges Handelshemmnis’ zu bewerten sei. Dies gilt umso mehr, als Kap. 4 neben den ausdrücklich den Ausschuss „Warenhandel“ betreffenden Bestimmungen (Art. 4.12 Schlussbestimmungen) auch umfangreiche Regelungen über die (regulatorische) Zusammenarbeit der Vertragsparteien enthält (unter anderem Art. 4.4, 4.5, 4.8).

- Auch der „SPS-Ausschuss“ kann sich mit allen Fragen befassen, welche die wirksame Durchführung von Kapitel 5 (Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen) berühren (Art. 5.15.4 Satz 1 EUSFTA), und entsprechende Beschlüsse fassen (Art. 5.15.6 EUSFTA), ausdrücklich und „insbesondere“ einschließlich der „Erarbeitung der zur Durchführung dieses Kapitels einschließlich der Anhänge 5-A und 5-B erforderlichen Verfahren und Vereinbarungen“ (Art. 5.15.4 Buchstabe a) und der „Überwachung der Durchführung dieses Kapitels“ (Buchstabe b). Er kann sogar „Entscheidungen erlassen, welche die Genehmigung von Einfuhren betreffen“, Art. 5.15.6 (sowie „den Informationsaustausch, die Transparenz, die Anerkennung der Regionalisierung, die Äquivalenz, alternative Maßnahmen“, ebd.). Insgesamt ist es dem SPS-Ausschuss also bis hin zu konkreten Einzelfallentscheidungen möglich, für die Durchsetzung der Prioritätensetzung von EUSFTA-Kapitel 5 zu sorgen und diese besteht nach Art. 5.1 (Ziele) darin, „gleichzeitig“ mit dem Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen auch „den Handel zwischen den Vertragsparteien im Bereich der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (...) zu erleichtern“ (Buchstabe a). Die Perspektive ist also gerade nicht auf den möglichst wirksamen Lebens- und Gesundheitsschutz, sondern auf dessen Begrenzung im Interesse des dadurch möglichst wenig zu beeinträchtigenden Handels gerichtet, was im Übrigen auch dadurch unterstrichen wird, dass Verstöße gegen das Nachhaltigkeitskapitel (s. Kapitel 12 EUSFTA) sowohl aus dem Mediations- wie aus dem sanktionsbewehrten Streitbeilegungsverfahren ausgenommen sind (Art. 12.16.1 EUSFTA). Es ist deshalb zu erwarten, dass die Abwägungen des SPS-Ausschusses regelmäßig anders ausfallen werden, als wenn sie vom innereuropäischen oder bundesdeutschen Gesetzgeber vorgenommen worden wären. Außerdem sei daran erinnert, dass der Handelsausschuss mit seiner allgemeinen Kompetenz zur Auslegung des gesamten EUSFTA (Art. 16.1.4 d) auch Art. 5.6 d auslegen kann, wonach der Marktzugang nicht „ohne wissenschaftlich-technische Rechtfertigung“ verzögert werden darf. Sollte er dies konsequent im Sinne des ‚wissenschaftsbasierten Ansatzes’ tun und der SPS-Ausschuss dies mittels seiner umfangreichen Befugnisse zur Durchführung von Kap. 5 EUSFTA streng durchsetzen, wäre das Vorsorgeprinzip nach Art. 20a GG bzw. Art. 191 Abs. 2 AEUV insofern übertrumpft.

- Ebenso kann der „Zollausschuss“ nach Art. 6.17.1 Satz 3 sowie Art. 6.17.2 EUSFTA ohne irgendeine Einschränkung Beschlüsse in Bezug auf alle Fragen fassen, die im Zusammenhang mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Kapitels 6 (Zoll und Handelserleichterungen), des Protokolls 1 sowie „aller zusätzlichen, von den Vertragsparteien vereinbarten zollbezogenen Bestimmungen“ (Art. 6.17.1 Satz 2) stehen. Tatsächlich ist er dazu sogar angehalten, insofern er ebendieses ordnungsgemäße Funktionieren der genannten Aspekte ‚sicherstellt’ (ebenda). Dabei ist zu beachten, dass damit auch der (oben im Zusammenhang mit der allgemeinen Auslegungskompetenz behandelte und tatsächlich unmittelbar vorausgehende) Art. 6.16 (Beziehungen zur Wirtschaft) erfasst ist, der (auslegungsbedürftige, aber ausdrücklich auf die „Bedürfnisse() der Wirtschaft“ ausgerichtete) Anforderungen an den Gesetzgebungsprozess und die neuen bzw. geänderten Gesetze selbst formuliert. Der Auftrag, das Funktionieren von Kap. 6 sicherzustellen und dazu die nötigen Beschlüsse zu fassen, kann also beispielsweise auch so etwas wie ein Verbot einschließen, neue Gesetze ohne vorherige Notifizierung zu erlassen (wie es die EU-Kommission zuletzt in Bezug auf die EU-Dientleistungsrichtlinie angestrebt hat).

- Der Handelsausschuss kann nicht näher spezifizierte Durchführungsmaßnahmen in Bezug auf Kap. 7 (Nichttarifäre Handels- und Investitionshemmnisse im Bereich der Erzeugung erneuerbarer Energie) beschließen (Art. 7.7.1 EUSFTA).

- Der Ausschuss „Dienstleistungshandel, Investitionen und öffentliche Beschaffung“ kann zahlreiche Aspekte in Bezug auf die öffentliche Beschaffung entscheiden (Art. 9.19 EUSFTA).

5.1.5 Zwischenfazit

Als Zwischenfazit lässt sich somit festhalten:

- Die EUSFTA-Ausschüsse nehmen vielfältige regulative und sogar legislative Funktionen in Bezug auf keineswegs nur technische Fragen wahr.

- Zudem sind viele ihrer inhaltlichen Mandate in großem Maße unbestimmt, so dass sie den Ausschüssen insofern die autonome Erweiterung ihrer Kompetenzen erlauben.

Es ist somit vorprogrammiert, dass die für die EU und deren Mitgliedstaaten nach Völkerrecht (Art. 16.4.1 EUSFTA) wie EU-Primärrecht (Art 216 Abs. 2 AEUV) verbindlichen Ausschussentscheidungen zahlreiche Felder berühren werden, die etwa der Deutsche Bundestag bzw. das Wahlvolk vermittels seiner Parlamentarier selbst regeln möchte.

5.2 Die weitgehende Verselbständigung der EUSFTA-Ausschüsse

Allerdings bleibt nun zu klären, wie es um die demokratische Legitimation bzw. Kontrolle der EUSFTA-Ausschussentscheidungen bestellt ist.

5.2.1 Mangelnde parlamentarische Beteiligung und Kontrolle

Angesichts des Ergebnisses aus 5.1, dass die inhaltlichen Entscheidungsmandate der EUSFTA-Ausschüsse weit auf das Gebiet des Erlasses allgemeiner Regeln führen, ist es mit dem Demokratieprinzip unvereinbar, dass EUSFTA keinerlei parlamentarische Beteiligung oder Kontrolle vorsieht – weder seitens des Bundestages noch des EU-Parlaments.[21]

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der in Kap. 4 erwähnte, im Fall des Lissabon-Vertrags beschrittene Weg, nämlich die Zustimmung des deutschen Vertreters im Rat bzw. in dem fraglichen supranationalen Gremium vom Beschluss eines entsprechenden Gesetzes durch den Bundestag abhängig zu machen, im Fall des vorliegenden EUSFTA nicht ohne Weiteres gangbar ist: Zum einen sind die EU-Mitgliedstaaten in den EUSFTA-Ausschüssen in keiner Weise vertreten (dazu sogleich in 5.2.2), und zum anderen sieht Art. 218 Abs. 9 AEUV zwar vor, dass der Rat einen Gemeinsamen Standpunkt beschließt, der dann in Gremien wie den EUSFTA-Ausschüssen zu vertreten sei, doch bietet auch dies aus verschiedenen Gründen den EU-Mitgliedstaaten keine Gewähr dafür, die EUSFTA-Ausschüsse verlässlich beeinflussen und andernfalls verhindern zu können (dazu in 5.2.3).

5.2.2 Keine Vertretung der EU-Mitgliedstaaten in den Ausschüssen

(i) In seinem CETA-Urteil über die Anträge auf einstweilige Anordnung vom 13.10.2016 sah das Bundesverfassungsgericht keine ausreichende Gewähr dafür, dass die EU-Mitgliedstaaten in den CETA-Ausschüssen vertreten sein würden. Es schien ihm daher

„denkbar, dass deutsche Stellen von Einflussmöglichkeiten insoweit gänzlich ausgeschlossen werden, so dass eine personelle und sachliche Legitimation der Ausschusstätigkeit ebenso unmöglich wäre wie ihre Verantwortung gegenüber den Bürgern. Das könnte handelspolitische Schutzmaßnahmen (Kapitel 3) ebenso betreffen wie technische Handelshemmnisse (Kapitel 4), gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (Kapitel 5), Zoll- und Handelserleichterungen (Kapitel 6), Subventionen (Kapitel 7), Investitionen (Kapitel 8), den grenzüberschreitenden Dienstleistungshandel (Kapitel 9), vorübergehende Einreise und vorübergehender Aufenthalt natürlicher Personen zu geschäftlichen Zwecken (Kapitel 10), die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen (Kapitel 11), Zulassungs- und Qualifikationserfordernisse (Kapitel 12), Finanzdienstleistungen (Kapitel 13), Dienstleistungen im internationalen Seeverkehr (Kapitel 14), die Telekommunikation (Kapitel 15), den elektronischen Geschäftsverkehr (Kapitel 16), die Wettbewerbspolitik (Kapitel 17), Staatsunternehmen, Monopole und Unternehmen mit besonderen Rechten oder Vorrechten (Kapitel 18), das öffentliche Beschaffungswesen (Kapitel 19) und das geistige Eigentum (Kapitel 20).“ (BVerfG 2016: Rn. 62)

Die Aufzählung all der vielen CETA-Kapitel zeigt, dass das Bundesverfassungsgericht das Problem, dass aufgrund mangelnder Mitwirkung der Mitgliedstaaten in den Ausschüssen „eine personelle und sachliche Legitimation der Ausschusstätigkeit ebenso unmöglich wäre wie ihre Verantwortung gegenüber den Bürgern“, äußerst ernst nahm. Dies hat seinen Grund letztlich in Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 GG: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Diese Bestimmung ist als Teil von Art. 20 GG Teil der Verfassungsidentität und darf insofern in keiner Weise verletzt werden.

„Das verfassungsrechtliche Konzept von Demokratie verlangt, dass alle allgemeinverbindlichen Entscheidungen auf parlamentarische Entscheidungen zurückgeführt werden können. Es darf also niemand diese allgemeinverbindlichen Entscheidungen treffen oder daran beteiligt sein, der nicht irgendwie auf eine Wahl des Volkes zurückgeführt werden kann. Das hat das Bundesverfassungsgericht 1995 in seinem Urteil zum schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz entwickelt.“ (Fisahn, in: Köller/Waiz 2018: 27)

In der Tat:

„Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gestaltet den Grundsatz der Volkssouveränität aus. Er legt fest, daß das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausübt. Das setzt voraus, daß das Volk einen effektiven Einfluß auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat. Deren Akte müssen sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden. Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird vor allem durch die Wahl des Parlaments, durch die von ihm beschlossenen Gesetze als Maßstab der vollziehenden Gewalt, durch den parlamentarischen Einfluß auf die Politik der Regierung sowie durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung hergestellt.“ (BVerfG 1995: Rn. 135)

Demnach erfordern das Demokratieprinzip bzw. die Verfassungsidentität des Grundgesetzes zwingend, dass auch völkerrechtliche Vertragsgremien wie die EUSFTA-Ausschüsse – und zwar auch bereits solche, die sich auf technische Umsetzungsfragen im Gegensatz zu allgemeiner Regelsetzung beschränken – an den Willen des Volkes rückgebunden bleiben und sie sich insoweit nicht verselbständigen können. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht auch in seiner Entscheidung zum ESM-Vertrag betont, dass der erforderliche Legitimationszusammenhang in die innerstaatliche Demokratie erst dann hergestellt ist, wenn Beschlüsse der ESM-Gremien nicht gegen die Stimme des deutschen Vertreters dort getroffen werden können.[22]

Im Fall der CETA- oder EUSFTA-Ausschüsse ist wegen deren auch legislativer Funktionen sehr zweifelhaft, ob eine solche Mitwirkung allein der Bundesregierung im Gegensatz zum Bundestag (oder evtl. des Europäischen Parlaments) ausreichte, den Zurechnungszusammenhang zum Willen des Wahlvolkes herzustellen. Sicher ist jedoch, dass angesichts des Fehlens jeder parlamentarischen Mitwirkung die Vertretung Deutschlands (in Gestalt eines Vertreters der Bundesregierung) in den EUSFTA-Ausschüssen eine conditio sine qua non der Aufrechterhaltung der Volkssouveränität und damit der Respektierung des Demokratieprinzips bzw. der Verfassungsidentität wäre. Und eben das hat das Bundesverfassungsgericht in der eingangs zitierten Passage seines CETA-Urteils vom 13.10.2016 ja auch festgestellt, als es schrieb, es sei angesichts der nicht gesicherten Vertretung Deutschlands in den CETA-Ausschüssen „denkbar, dass deutsche Stellen von Einflussmöglichkeiten insoweit gänzlich ausgeschlossen werden, so dass eine personelle und sachliche Legitimation der Ausschusstätigkeit ebenso unmöglich wäre wie ihre Verantwortung gegenüber den Bürgern.“

(ii) Tatsächlich jedoch bewahrheitet sich diese Befürchtung nun in vollem Umfang bei EUSFTA, denn in den EUSFTA-Ausschüssen sind die EU-Mitgliedstaaten NICHT vertreten, jedenfalls nicht als reguläre, stimmberechtigte Mitglieder. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Vertragsparteien des EUSFTA sind die Republik Singapur und die Europäische Union. So wird sofort unmittelbar im Anschluss an den Titel bzw. das Deckblatt des EUSFTA klargestellt und so ergibt sich auch aus dem Abschluss des EUSFTA als alleiniges EU-Abkommen (also ohne Abstimmung in den Parlamenten der Mitgliedstaaten).

Gleichzeitig setzt sich der durch Art. 16.1.1 EUSFTA eingesetzte Handelsausschuss allein „aus Vertretern der Vertragsparteien zusammen“ (ebenda), wozu die EU-Mitgliedstaaten nicht gehören.

Tatsächlich sind die EU-Mitgliedstaaten selbst im Gemischten CETA-Ausschuss, der im Rahmen der seit dem 21. September 2017 stattfindenden ‚vorläufigen Anwendung’ des CETA bereits arbeitet, nicht gesichert vertreten. Obwohl nämlich CETA als gemischtes Abkommen abgeschlossen werden soll und die Mitgliedstaaten insofern CETA-Vertragsparteien sind, haben an der konstituierenden Sitzung am 26. September 2018 zwar auch Botschafter von 15 EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, teilgenommen.[23] Doch kann man daraus gerade nicht schließen, dass die EU-Mitgliedstaaten gesichert im Gemischten CETA-Ausschuss vertreten seien, da ja 13 von ihnen nicht an der Sitzung teilnahmen und im Bericht auch nirgends von ‚Mitgliedern’, sondern nur von ‚Teilnehmern’ oder ‚Delegationen’ die Rede ist (dazu etwas weiter unten). Außerdem ist die Bundesregierung zwar der Meinung:

„An der Sitzung des Gemischten CETA-Ausschusses am 26. September 2018 nahmen Vertreter der Mitgliedstaaten in ihrer Funktion als Vertragsparteien gemäß Artikel 1 Absatz 2 und 3 i. V. m. Artikel 5 der Geschäftsordnung des Gemischten CETA-Ausschusses teil.“ (BReg 2018: S. 9/Antwort auf Frage 11)

Gleichzeitig aber spricht die EU-Kommission – nicht in Bezug auf den Gemischten CETA-Ausschuss, aber in Bezug auf einen der CETA-Sonderausschüsse – klipp und klar von „Canadian and EU Member State ministries and organisations“ als „third party representatives“. Als handele es sich zum Beispiel bei Vertretern deutscher Bundesministerien um Vertreter eines x-beliebigen Staates ohne jede Beziehung zu den Vertragsparteien EU und Kanada und deren CETA-Vertrag![24]

Tatsächlich definiert Art. 1.1 CETA, dass die EU-Mitgliedstaaten keineswegs generell als Vertragsparteien zu gelten haben, sondern nur insoweit ihre Zuständigkeiten berührt sind.

„Sofern nichts anderes bestimmt ist, bezeichnet für die Zwecke dieses Abkommens der Ausdruck  

... Vertragsparteien die Europäische Union oder ihre Mitgliedstaaten oder die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer sich aus dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergebenden Zuständigkeiten (im Folgenden „EU-Vertragspartei“) einerseits und Kanada andererseits“ (aus Art. 1.1 CETA).

Darauf nehmen auch die von der Bundesregierung angeführten Artikel der Geschäftsordnung des Gemischten CETA-Ausschusses[25] Bezug, die ebenfalls auf dessen konstituierender Sitzung angenommen wurde.

Rule 1 Composition and Chair

... 2. Further to Article 26.1.1 of the Agreement, the CETA Joint Committee shall be composed of representatives of the Parties to the Agreement (hereinafter referred to as „members of the CETA Joint Committee“) ...

3. The Parties in these Rules of Procedure are those defined in Article 1.1 of the Agreement.

Es ist also davon auszugehen, dass die EU-Mitgliedstaaten selbst im Falle des als gemischtes Abkommen behandelten CETA nur sporadisch im Gemischten Ausschuss vertreten sein werden, nachdem der EuGH in seinem Singapur-Gutachten (2/15)[26] fast nur auf alleinige EU-Zuständigkeit erkannt hat; und dasselbe gilt erst recht für die nach Art. 26.2 CETA eingerichteten Sonderausschüsse, bezüglich derer die Geschäftsordnung des Gemischten CETA-Ausschusses in Regel 14 Abs. 4 bestimmt, dass deren Regeln auch für sie gölten, sofern die Sonderausschüsse nicht jeweils andere Regeln beschlössen,[27] während EUSFTA den Sonderausschüssen keinerlei Autonomie gewährt, sofern diese nicht von vornherein in einzelnen EUSFTA-Bestimmungen verankert ist: „Die Zusammensetzung, die Zuständigkeit, die Aufgaben und gegebenenfalls die Arbeitsweise der Sonderausschüsse werden in den einschlägigen Bestimmungen dieses Abkommens oder vom Handelsausschuss festgelegt.“ (Art. 16.2.2 EUSFTA)

Jedenfalls findet sich unter den auf der Internetseite der Kommission[28] veröffentlichten Berichten über die bisher insgesamt 15 Sitzungen der folgenden insgesamt 13 CETA-Sonder- oder CETA-Untersonderausschüsse

- Ausschuss für Warenhandel
- Landwirtschaftsausschuss (untersteht dem Ausschuss für Warenhandel)
- Gemischte Sektorgruppe für Arzneimittel (untersteht dem Ausschuss für Warenhandel)
- Forum für die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen
- Ausschuss für Wein und Spirituosen (untersteht dem Ausschuss für Warenhandel)
- Ausschuss für geografische Angaben
- Ausschuss für Dienstleistungen und Investitionen
- Gemischter Ausschuss für die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen (untersteht dem Ausschuss für Dienstleistungen und Investitionen)
- Ausschuss für Finanzdienstleistungen
- Ausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung
- Ausschuss für das öffentliche Beschaffungswesen
- Gemischter Verwaltungsausschusses für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen
- Gemischter Ausschuss für die Zusammenarbeit im Zollbereich

(hinzu kommen noch sechs „Bilaterale Dialoge“ zu einzelnen Sektoren sowie das „Civil Society Forum“) nur einer, der eine Teilnahme von (insgesamt freilich auch nur acht) Mitgliedstaaten ausweist, nämlich von FR, DE, NL, RO, UK, BE, IE, IT an der zur zweiten Sitzung des Gemischten Verwaltungsausschusses für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche (= SPS-) Maßnahmen.[29]

Es stellt sich ganz offensichtlich die Frage auf, nach welchen Bestimmungen die EU eigentlich die Liste ihrer jeweiligen Ausschussmitglieder bzw. Sitzungsteilnehmer bestimmt bzw. wem dies eigentlich obliegt. In Bezug auf den Gemischten bzw. Handelsausschuss findet sich in CETA, JEFTA und EUSFTA dazu nichts, außer dass der für Handel verantwortliche EU-Kommissar (bei JEFTA: ein Mitglied der EU-Kommission) und der kanadische Handelsminister bzw. singapurische Handels- und Industrieminister (bei JEFTA: ein japanischer Minister) gemeinsam den Vorsitz führen.[30]

Die Geschäftsordnung des Gemischten CETA-Ausschusses bekräftigt dies (Regel 1 Abs. 2 Satz 1) und bestimmt, dass die Ko-Vorsitzenden sich jeweils vertreten lassen können (Satz 2 sowie Regel 2 Abs. 2 und 3). Außerdem bestimmt sie, unter anderem, dass

- jede Partei der anderen die Liste ihrer „Mitglieder“ anzeigt (Regel 2 Abs. 1 Satz 1),

- diese „Mitglieder“ von Regierungsvertretern (government officials) „begleitet“ werden können, mit denen zusammen sie dann die (ebenfalls vorher der anderen Partei anzuzeigende) „Delegation“ bilden (Regel 5),

- die beiden Ko-Vorsitzenden außerdem „Beobachter“ einladen können (Regel 8 Abs. 5) – beispielhaft genannt werden Repräsentanten anderer Gremien (bodies) der Parteien sowie unabhängige Experten (ebenda); und

- ein „Protokoll“ (minutes) nach bestimmten Regeln angefertigt und genehmigt wird (Rule 8, Abs. 1 bis 4), das den „Mitgliedern“ zugeht (Abs. 4 Satz 4), zusätzlich aber auch noch eine „Protokollzusammenfassung“ angefertigt wird (Abs. 5).

Nach Auskunft der Bundesregierung zum Ausschusswesen in CETA erhält nun aber

„in den Fällen, in denen sich die Sonderausschüsse nur mit Materien in ausschließlicher EU-Zuständigkeit befassen, nur die EU-Ebene die ausführlichen Protokolle der Sonderausschüsse gemäß Artikel 9 der Geschäftsordnung, während die Mitgliedstaaten die Protokollzusammenfassungen erhalten.“ (BReg 2018: S. 8/Antwort auf Frage 8).

Demnach sind also die EU-Mitgliedstaaten keine „Mitglieder“ derjenigen CETA-Sonderausschüsse, die nur mit Materien befasst sind, die dem EuGH-Singapur-Gutachten (2/15) zufolge (abweichend zu BVerfG 2016: Rn. 52-57) in ausschließliche EU-Zuständigkeit fallen. Das bestätigt also das hier geforderte Verständnis der fraglichen Regelungen, wonach die Mitgliedstaaten nur nach Maßgabe der vermeintlich sehr reduzierten Berührtheit ihrer Kompetenzen in den CETA- und EUSFTA-Ausschüssen vertreten sind, und bedeutete jedenfalls für EUSFTA: Da EUSFTA, sofern es wie geplant abgeschlossen würde, per Definition ausschließlich Materien in reiner EU-Zuständigkeit gemäß EuGH-Gutachten 2/15 enthielte, wären die EU-Mitgliedstaaten in keinem einzigen EUSFTA-Ausschuss, auch nicht im EUSFTA-Handelsausschuss, als deren Mitglieder vertreten.

Gleichzeitig sucht man Feststellungen, wonach neben den Ausschuss-„Mitgliedern“ auch die übrigen „Delegations“-Mitglieder oder die „Beobachter“ an den Beschlussfassungen teilnähmen, vergeblich. Es ist also davon auszugehen, dass die in den Verträgen stets geforderte Einstimmigkeit der Ausschussentscheidungen tatsächlich nur die Zustimmung aller Ausschussmitglieder erfordert – und Vertreter der EU-Mitgliedstaaten im Falle des EUSFTA in keinem einzigen Fall dazu gehören.

Der Abschluss des EUSFTA würde insofern dazu führen, dass sich die vom Bundesverfassungsgericht in Bezug auf CETA geäußerte Befürchtung bewahrheitet,

„dass deutsche Stellen von Einflussmöglichkeiten insoweit gänzlich ausgeschlossen werden, so dass eine personelle und sachliche Legitimation der Ausschusstätigkeit ebenso unmöglich wäre wie ihre Verantwortung gegenüber den Bürgern.“ (BVerfG 2016: Rn. 62; s o.)

Das hat zur Folge, dass Singapur durch die Ausschüsse, da sie jeweils zur Hälfte von der EU und von Singapur besetzt werden, an der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland maßgebend mitwirken wird, ohne dass die Bundesrepublik Deutschland das gesichert beeinflussen kann.

5.2.3 Die weitgehende Entscheidungsautonomie der EUSFTA-Ausschüsse ungeachtet Art. 218 Abs. 9 AEUV

CETA hat die Kompetenz seiner Ausschüsse, für die Vertragsparteien verbindliche und von diesen umzusetzende Beschlüsse zu fassen, unter den Vorbehalt „der Erfüllung etwaiger interner Anforderungen und des Abschlusses etwaiger interner Verfahren“ (Art. 26.3.2 CETA) gestellt; JEFTA immerhin die ausdrücklichen Vertragsänderungskompetenzen (Art. 23.2.3 JEFTA). In EUSFTA fehlt dieser Vorbehalt ganz.

Allerdings dürfte dies zunächst einmal nichts an dem ändern, was das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil am 13.10.2016 zu CETA festgestellt hat:

„Soweit die Mitgliedstaaten in den Ausschüssen nicht vertreten sind, können sie lediglich mittelbar auf deren Verfahren und Entscheidungen einwirken, indem sie nach Art. 218 Abs. 9 AEUV in einem Beschluss des Rates den Gemeinsamen Standpunkt festlegen, den der Vertreter der Europäischen Union in den CETA-Ausschüssen zu vertreten hat.“ (BVerfG 2016: Rn. 64)

Indes ist dieser Weg der Einflussnahme aus mehreren Gründen nicht verlässlich.

(i) Zum einen ist davon auszugehen ist, dass der Rat in der Regel nur mit qualifizierter Mehrheit beschließt, so dass einzelne EU-Mitgliedstaaten überstimmt werden können, wie auch das Bundesverfassungsgericht direkt anschließend an das letzte Zitat bereits bemerkt hat:

„Dieser Einfluss ist indes dadurch begrenzt, dass der Rat – soweit nichts anderes festgelegt ist – mit qualifizierter Mehrheit beschließt (Art. 16 Abs. 3 EUV, Art. 218 Abs. 8 UAbs. 1 AEUV).“ (BVerfG 2016: Rn 64)

Tatsächlich hat die Situation seither noch an Eindeutigkeit gewonnen: Auf Antrag der EU-Kommission hat der EuGH am 4.9.2018 einen Ratsbeschluss für nichtig erklärt, der den im Gemischten CETA-Ausschuss im Hinblick auf dessen Geschäftsordnung zu vertretenden Gemeinsamen Standpunkt festlegte und als Rechtsgrundlage auch Art. 31 Abs. 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) anführte (Einstimmigkeit in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, GASP). Der EuGH urteilte, dass die in CETA (dasselbe gölte offensichtlich für EUSFTA) geregelten Bereiche nur zu einem geringen Teil der GASP im Gegensatz zur vollständig vergemeinschafteten Handelspolitik zuzurechnen seien und deshalb zwingend der im letzten Zitat auch vom Bundesverfassungsgericht genannte Art. 218 Abs. 8 UAbs. 1 AEUV anzuwenden und also mit lediglich qualifizierter Mehrheit zu entscheiden sei.[31]

(ii) Zweitens ist die Möglichkeit zu bedenken, dass der Rat – aus welchen Gründen auch immer – nur einen sehr allgemeinen Gemeinsamen Standpunkt formulieren könnte, der dem jeweiligen EUSFTA-Ausschuss quasi eine Blankovollmacht erteilte oder zumindest einen allzu großen Auslegungsspielraum eröffnete. 

(iii) Drittens schließlich darf nicht übersehen werden, dass es nach EUSFTA keinen Unterschied zwischen Ausschussentscheidungen gibt, die sich inhaltlich an den vom Rat beschlossenen Gemeinsamen Standpunkt halten, und solchen, die es nicht tun. Beide sind gleichermaßen verbindlich, also auch jene, die sich mehr oder weniger stark davon entfernen oder die den Gemeinsamen Standpunkt allzu weit auslegen. Dies gilt umso mehr, als EUSFTA, wie erwähnt, eben keinen Vorbehalt „der Erfüllung etwaiger interner Anforderungen und des Abschlusses etwaiger interner Verfahren“ (Art. 26.3.2 CETA) mehr kennt.

(iv) Hinzu kommt, dass Art. 218 Abs. 9 AEUV ohnehin keinen nachträglichen Zustimmungsvorbehalt beinhaltet.[32] Er verlangt nur, dass der Gemeinsame Standpunkt zu vertreten sei, doch macht er keine Angaben darüber, in welchem Ausmaß dennoch Kompromisse eingegangen werden können.

Zwar kann diese Unsicherheit dadurch scheinbar aufgehoben werden, dass der Rat seinen Gemeinsamen Standpunkt erst festlegt, wenn zwischen der Kommission und dem Handelsvertragspartner bereits einige Einigung erzielt wurde – so geschehen bzw. vorgesehen im Fall der Festlegung des Gemeinsamen Standpunkts in Bezug auf die Geschäftsordnungen des Gemischten CETA- wie des Gemischten JEFTA-Ausschusses.[33] Doch zum einen ist nicht ausgeschlossen, dass dieser Weg nicht doch irgendwann vom EuGH (gar auf Antrag der Kommission) verbaut wird.[34] Und zum anderen wird das eigentliche Problem – nämlich dass der Rat bzw. die Mitgliedstaaten eben nicht selbst an den Verhandlungen mit dem jeweiligen Vertragspartner, im Falle des EUSFTA also Singapur, beteiligt sind – ohnehin nicht gelöst. Die Unsicherheit darüber, wie weit sich die Kommissionsvertreter in den EUSFTA-Ausschssverhandlungen von dem Gemeinsamen Standpunktes entfernen, verwandelt sich lediglich in die Unsicherheit darüber, mit welchem Standpunkt die Kommissionsvertreter eigentlich in die EUSFTA-Ausschssverhandlungen gegangen sind, was die Forderungen Singapurs waren, und welche anderen Standpunkte also Aussicht auf Erfolg gehabt hätten, das heißt welche anderen Kompromisse als der beschlossene möglich gewesen wären.

So oder so ist dem Rat also eine wirkliche Beeinflussung oder Steuerung der EUSFTA-Ausschussentscheidungen nicht möglich, zumal die EU-Mitgliedstaaten, wie bereits oben (in 5.2.2) erläutert, zumindest bei CETA nicht die eigentlichen Protokolle der Ausschusssitzungen erhalten, sondern nur deren Zusammenfassungen; und die Kommission die Veröffentlichung der eigentlichen Protokolle ausgerechnet auch mit dem Argument verweigert, dass die zügige Implementierung des Abkommens nur auf einer guten Vertrauensbasis zu Kanada möglich sei und dies durch Öffentlichkeit gefährdet werde.[35]

Damit aber wird auch die (ohnehin stark begrenzte) Mitbestimmungsmöglichkeit der Mitgliedstaaten über die Formulierung eines Gemeinsamen Standpunkts nach Art. 218 Abs. 9 AEUV einer strikten Arcanpolitik der Kommission untergeordnet, die ihrerseits, wie in 5.1 dargelegt, zu weitreichenden, verbindlichen Vorgaben für den europäischen und mitgliedstaatlichen, und damit auch den deutschen Gesetzgeber führen kann. Dabei ist der Weg über die Formulierung eines Gemeinsamen Standpunkts nach Art. 218 Abs. 9 AEUV, wie gesagt, die einzige Mitbestimmungsmöglichkeit, die die Mitgliedstaaten überhaupt besitzen.

Dieser Weg ist jedoch aus den dargelegten Gründen – bloß qualifizierte Mehrheitsentscheidungen, Möglichkeit von Blankoermächtigungen, Möglichkeit der Verselbständigung der Ausschussarbeit und -entscheidungen – bei Weitem nicht wirksam und verlässlich genug, um die verbindlichen Ausschussentscheidungen demokratisch an das Wahlvolk rückzubinden, selbst wenn man bereit wäre, die Mitwirkung der Mitgliedstaaten, im Gegensatz zur parlamentarischen Mitwirkung, dafür als ausreichend anzusehen. Die Legitimationskette vom Wahlvolk zur staatlichen Herrschaft ist dadurch systematisch durchbrochen. Die EUSFTA-Ausschüsse verletzen in grundsätzlicher Weise das Prinzip der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG).

5.2.4 Mangelnde Unterrichtung der demokratischen Öffentlichkeit

Bisher wurde die Frage der Öffentlichkeit bzw. Geheimhaltung der Arbeit der EUSFTA-Ausschüsse allein unter dem Gesichtspunkt der Einflussnahmemöglichkeiten der Bundesregierung auf die Arbeit supranationaler Gremien wie eben der EUSFTA-Ausschüsse behandelt. Sie berührt darüber hinaus aber auch ein Wesensmerkmal der Demokratie schlechthin, auch der parlamentarischen Demokratie.

„Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente des demokratischen Parlamentarismus. Gerade das im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche eröffnet Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen, die bei einem weniger transparenten Vorgehen sich nicht so ergäben“ (BVerfG 1986: Rn. 131).

Hinzu kommt, dass die Volkssouveränität und also die demokratische Legitimation der staatlichen Herrschaft ins Leere laufen, wenn für das Wahlvolk am Ende nicht erkennbar ist, wer wie mit der verliehenen Macht umgegangen und in welchem Maß er oder sie für was verantwortlich ist. Selbst bei lückenloser Legitimationskette – die bei EUSFTA, wie dargelegt, nicht gegeben ist – wäre dieselbe Legitimationskette mithin ‚im zweiten Durchgang’ dann doch beeinträchtigt, insofern das Wahlvolk über das Verhalten der vorher Gewählten, das es nun zu bestätigen oder abzulehnen gilt, nur mutmaßen kann. Auch deshalb sind Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit als Grundrechte geschützt (Art. 5 Abs. 1 GG) und unterwerfen Informationsfreiheitsgesetze in vielen demokratischen Ländern auch die Exekutive zunehmend dem Gebot der Transparenz.

In scharfem Kontrast dazu steht jedoch die Arcanpolitik der Verhandlung und Umsetzung gerade der EU-Freihandelsverträge der neuen Generation. Diese wird gerechtfertigt mit der Eigenart von Verhandlungsprozessen, aufgrund derer Öffentlichkeit der eigenen Verhandlungsmacht schade, was aber ja dann auch für die Gegenseite gelten und insofern wieder neutralisiert sein müsste. Und in der Tat zeigen internationale Verhandlungen etwa im Rahmen der Vereinten Nationen (VN), dass es auch anders geht und der Unterschied zum nationalstaatlichen, demokratischen Parlamentarismus – wo das durch diesen „gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche ... Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen (eröffnet), die bei einem weniger transparenten Vorgehen sich nicht so ergäben“ (BVerfG, s. o.) – in dieser Hinsicht gar nicht so groß ist.

Beispielsweise hat der VN-Menschenrechtsrat 2014 eine „Open ended intergovernmental working group on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights“ eingesetzt, damit diese einen verbindlichen VN-Vertrag zum Schutz und zur Gewährleistung der Menschenrechte in der oft von auch rechtlicher Verantwortungslosigkeit gekennzeichneten, globalisierten Wirtschaft erarbeite (bekannt als „Binding Treaty“). Dabei bedeutet „open ended“, dass nicht nur alle VN-Mitgliedstaaten (unabhängig von ihrer Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat) aktiv an den Beratungen teilnehmen können, sondern auch zahlreiche akkreditierte Nichtregierungsorganisationen (NRO) einschließlich der, aber auch nicht beschränkt auf die Wirtschaftsverbände. Viele zivilgesellschaftliche NRO haben denn auch Vorstellungen formuliert.[36]

Trotzdem kommt der Prozess nicht recht voran, weil neben den USA und Japan auch die EU (und innerhalb der EU vor allem Deutschland) ihn nach wie vor insgesamt eher blockieren. Und tatsächlich sind die Einwände der EU teilweise ernst zu nehmen (Einbeziehung aller Unternehmen). Zum größeren Teil aber sind sie ganz offenkundig nur vorgeschoben und reflektieren sie allein die vermeintlichen Interessen europäischer Konzerne,[37] während gleichzeitig das Ziel der Verhandlungen, die massive, systematische Verletzung der Menschenrechte im Rahmen der globalisierten Produktion zu stoppen, in der demokratischen, europäischen Öffentlichkeit nicht offensiv bekämpft werden könnte. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die größere Öffentlichkeit des Binding-Treaty-Prozesses im Gegensatz zu den Geheimverhandlungen von TTIP, CETA, JEFTA, EUSFTA und all der anderen EU-Handelsabkommen keineswegs für den bislang sehr geringen Erfolg der Binding-Treaty-Verhandlungen verantwortlich ist, sondern dass sich dieser Erfolg im Gegenteil sehr schnell einstellte, wenn tatsächlich die demokratische, europäische Öffentlichkeit insgesamt stärkeren Anteil daran nähme.

Was einer größeren Öffentlichkeit internationaler Handelsvertragsverhandlungen zum Opfer fiele, wären einzig die Undurchschaubarkeit der Interessen, die sich am Ende durchsetzen, sowie das nicht verallgemeinerbare Partikularinteresse einer einseitigen Machtpolitik sei es im vermeintlichen, ökonomisch verstandenen Interesse der Mehrheit der deutschen bzw. europäischen Bevölkerung, mit welcher der deutsche Staat, sei es im Rahmen der EU, häufig genug seine Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen.[38]

Es kann an dieser Stelle dahin gestellt bleiben, ob diese, im Rahmen des Binding-Treaty-Prozesses behandelte Menschenrechtsproblematik auch bei den von der EU mit anderen Industrieländern geschlossenen Freihandelverträgen der neuen Generation, zu denen also auch CETA, JEFTA und EUSFTA gehören, eine so große Rolle spielt. Doch auch wenn man dies verneinen wollte, gilt doch immer noch, dass auch im Fall dieser Abkommen die Geheimhaltung der ursprünglichen Verhandlungen wie der Verhandlungen im Rahmen der Ausschüsse einzig der Undurchschaubarkeit der Interessendurchsetzung und damit der Umgehung deren öffentlicher Kontrolle dient. Der Ausschluss der Öffentlichkeit ist also kein notwendig zu akzeptierendes Mittel, sondern er ist schlicht, was er ist: die Missachtung eines wesentlichen Aspekts der Demokratie, er dient der Ausschaltung der demokratischen Kontrolle. Die Entscheidung darüber, was das allgemeine Interesse wäre bzw. inwieweit es gegenüber einer dezidierten Interessenpolitik gegebenenfalls auch nachrangig sein sollte bzw. worin das durch eine dezidierte Interessenpolitik zu verfolgende Interesse denn eigentlich bestehe: Die Entscheidung über diese Fragen wird dem öffentlichen, demokratischen Raum entzogen und im Geheimen getroffen – obwohl sie gerade den Kern dessen ausmachen, worüber im demokratischen Prozess zu entscheiden ist.

Es unterstreicht deshalb mindestens die bereits aus den dargelegten, anderen Gründen erfolgende, massive Verletzung des Demokratieprinzips durch die EUSFTA-Ausschüsse, wenn deren Arbeit von der EU-Kommission als Arcanpolitik verstanden und betrieben wird. Doch tatsächlich ist genau dies zu erwarten.

Zunächst nämlich sehen sowohl die Geschäftsordnung des Gemischten CETA-Ausschusses wie der (in schon ausgehandelter Form dem Entwurf der Kommission für einen Beschluss des Rates zur Festlegung seines Gemeinsamen Standpunktes angehängte) Geschäftsordnungsentwurf für den Gemischten JEFTA-Ausschuss die Nicht-Öffentlichkeit der Sitzungen des jeweiligen Gemischten Ausschusses vor.[39]

Des Weiteren sei daran erinnert, dass die EU-Kommission im Fall der bereits eifrig tagenden CETA-Ausschüsse die Öffentlichkeit und sogar die EU-Mitgliedstaaten lediglich mit den Protokollzusammenfassungen im Gegensatz zu den eigentlichen Sitzungsprotokollen abspeist; ausweislich auch ihrer ablehnenden Bescheidung eines Antrags des Vereins Umweltinstitut München e. V. auf Veröffentlichung bestimmter Protokolle,[40] wegen derer eine Klage des Umweltinstituts München e. V. gegen die EU-Kommission beim Europäischen Gericht (EuG) anhängig ist, deren Ausgang abzuwarten bleibt.[41]

Jedenfalls beruft sich die Kommission außer auf das bereits diskutierte Argument von der vermeintlichen Notwendigkeit der Geheimhaltung (‚Schutz des öffentlichen Interesses und des Entscheidungsprozesses’) auch auf die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten. Damit mag sie die angeführte Rechtsgrundlage angemessen anwenden oder nicht, aber es wirft doch jedenfalls die Frage auf, ob die Kommission ernsthaft der Ansicht ist, dass das Recht der an den Ausschussentscheidungen Beteiligten auf Privatsphäre schwerer wiege als das Recht der Öffentlichkeit darauf, über die Mitglieder und Berater einer dem demokratischen Gemeinwesen übergeordneten, unanfechtbaren Entscheidungsinstanz mit weitreichenden inhaltlichen Kompetenzen informiert zu werden. Hat man jemals von einer Demokratie gehört, in der die Mitglieder der Regierung oder des Parlaments nicht bekannt gewesen wären? Wohl nicht.

CETA, JEFTA und EUSFTA hingegen sichern die mit dem Verweis auf die EU-Gesetze zum Schutz personenbezogener Daten begründete Geheimhaltung ausdrücklich ab.

„Legt eine Vertragspartei dem Gemischten CETA-Ausschuss oder einem nach diesem Abkommen eingesetzten Sonderausschuss Informationen vor, die nach den für die betreffende Vertragspartei geltenden Rechtsvorschriften als vertraulich gelten beziehungsweise vor einer Offenlegung zu schützen sind, behandelt die andere Vertragspartei diese Informationen vertraulich.“ (Art. 26.4 CETA; praktisch identisch Rule 11.2 der Geschäftsordnung des Gemischten CETA-Ausschusses, die außerdem auch noch einmal auf Art. 26.4 CETA verweist)

„Übermittelt eine Vertragspartei dem Handelsausschuss oder den Sonderausschüssen Informationen, die nach Maßgabe ihrer Gesetze und sonstigen Vorschriften als vertraulich gelten, so behandelt auch die andere Vertragspartei diese Informationen als vertraulich, es sei denn, die übermittelnde Vertragspartei stimmt etwas anderem zu.“ (Art. 16.12.2 EUSFTA)

Entsprechend auch Art. 1.6.2 JEFTA.

Demnach wird die Öffentlichkeit, vorbehaltlich des EuG-Urteils über die Umweltinstitut-Klage, niemals erfahren, wer für die Entscheidungen der CETA-, JEFTA- und EUSFTA-Ausschüsse verantwortlich ist; und auch nicht, wer als Lobbyist hinzugezogen wurde.

Doch tatsächlich ist noch nicht einmal gesichert, dass die Öffentlichkeit überhaupt den Inhalt der Ausschussentscheidungen erfährt. Zwar gilt wenigstens bei CETA, jedenfalls nach Rule 10.5 der Geschäftsordnung des Gemischten CETA-Ausschusses, dass  die Vertragsparteien die Beschlüsse des Letzteren zu veröffentlichen haben. Im Geschäftsordnungsentwurf des Gemischten JEFTA-Ausschusses jedoch ist dies nur noch eine Kann-Bestimmung (Art. 9.5). Und in EUSFTA, für dessen Handelsausschuss mir noch kein Geschäftsordnungsentwurf bekannt ist, ist zum Beispiel in Art. 15.5 Abs. 6 geregelt, dass das Ergebnis eines Mediationsverfahrens öffentlich gemacht wird (Satz 3), aber ohne alle Angaben, die eine Partei als vertraulich einstuft (Satz 4). Allein aufgrund dieser Bestimmung in Verbindung mit der bereits dargelegten Kompetenz des Handelsausschusses, das Ergebnis einer Mediation anzunehmen (ebenda Satz 1), könnte Letzterer jede noch so umfassende Änderung des EUSFTA gegenüber der Öffentlichkeit verheimlichen, sofern dies Rückschlüsse auf zum Beispiel Geschäftsgeheimnisse zuließe – was wiederum regelmäßig gerade bei jenen Entscheidungen der Fall sein könnte, die auf das Lobbying großer Konzerne hin gefasst werden.

Doch, wie gesagt: Das Ergebnis wäre, dass die Öffentlichkeit im Ergebnis nicht nur über die in den Ausschüssen geführten Verhandlungen und die dort von der EU vertretenen Positionen im Unklaren gelassen würde, sondern auch darüber, was der EU und deren Mitgliedstaaten von ihrerseits unbekannt bleibenden Verantwortlichen und Lobbyisten völkerrechtlich und unionsrechtlich überhaupt verbindlich zur Umsetzung vorgegeben wird. Der politische Prozess würde durch eine unbekannt bleibende, unsichtbare und unzurechenbare, und doch mit der Zeit immer restriktivere De-facto-Verfassung eingeengt wie durch eine dunkle Macht.

Dies ist zudem erst recht dann der Fall, wenn – was für die nahe Zukunft geplant ist bzw. mit dem EUSFTA ansatzweise bereits einträte – eine Mehrzahl derartiger EU-Handelsverträge mit geheimen und ihre Beschlüsse verheimlichenden Ausschüssen gleichzeitig in Kraft ist.

Es ist offensichtlich, dass hier nicht nur eine eklatante Verletzung der Mindestanforderungen, die aus demokratischer Sicht an die Öffentlichkeit staatlicher Herrschaft und ihres Zustandekommens zu stellen sind, vorliegt, sondern dass dieser Mangel das Demokratieprinzip seinerseits untergräbt. Das mit dem Wahlrecht verbundene Recht auf wirksame demokratische Mitbestimmung wird nicht nur durch Zusammensetzung und Entscheidungsverfahren der EUSFTA-Ausschüsse verletzt – also durch die Unterbrechung der Legitimationskette vom Wahlvolk zu den EUSFTA-Ausschussentscheidungen –, sondern auch durch die Verdunkelung der Verantwortlichen und möglicherweise sogar des Inhalts der durch die EUSFTA ausgeübten staatlichen Herrschaft. Ohne Kenntnis der politischen Bedingungen, unter denen es lebt, hat das Wahlvolk aber keinerlei Chance, sei es in einem äußert langwierigen politischen Prozess das zu tun, was den Kern des Demokratieprinzips und des Prinzips der Volkssouveränität ausmacht, nämlich auf ebendiese politischen Bedingungen seiner Existenz Einfluss zu nehmen.

6. Zusammenfassung

Die EUSFTA-Ausschüsse sind eine Quelle erheblicher und zugleich nicht vom Volk ausgehender staatlicher Gewalt, da die Ausschussentscheidungen völkerrechtlich und nach EU-Recht verbindlich sind (s. o.: 3.) und darüber hinaus

- dem Handelsausschuss eine allgemeine Kompetenz zur auch für die Vertragsparteien verbindlichen Auslegung aller EUSFTA-Vertragsbestimmungen eingeräumt wird, die die Bindung seiner Entscheidungsbefugnis an konkrete Mandate praktisch aushebelt und letztlich auch ganz generell Vertragsänderungen bzw. die allgemeine Regelung nicht rein technischer Fragen ermöglicht (5.1.1);

- dem Handelsausschuss auch darüber hinaus bestimmte Änderungen des EUSFTA einschließlich umfassender Änderungen der institutionellen Struktur übertragen sind (5.1.2);

- sowohl der Handelsausschuss wie die Sonderausschüsse weitreichende Entscheidungsspielräume in zahlreichen weiteren, nicht rein technischen Fragen besitzen und insoweit allgemeine Regeln erlassen können (5.1.3);

- weder dem Bundestag noch dem EU-Parlament eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Ausschussentscheidungen möglich ist (5.2.1);

- die EU-Mitgliedstaaten nicht durch eigene Mitglieder in den Ausschüssen vertreten sind und also nicht an deren Entscheidungen mitwirken (5.2.2);

- die mitgliedstaatliche Mitwirkung über Art. 218 Abs. 9 AEUV prekär und nicht verlässlich ist (5.2.3)); und

- der Öffentlichkeit wesentliche Informationen über die Arbeit der Ausschüsse vorenthalten werden (5.2.4).

Literatur

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BVerfG (1986): Urteil des Zweiten Senats vom 14. Januar 1986 – 2 BvE 14/83 und 4/84 (Rn. 1-238)

BVerfG (1995): Bundesverfassungsgericht: Beschluss des Zweiten Senats vom 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 (Rn. 1-178)

BVerfG (2009): Bundesverfassungsgericht: Urteil des Zweiten Senats vom 30.6.2009 (Rn. 1-421) (Lissabon-Urteil)

BVerfG (2014): Urteil des Zweiten Senats vom 18. März 2014 – 2 BvR 1390, 1421, 1438, 1439, 1440, 1824/12, 2 BvE 6/12 (Rn. 1-245)

BVerfG (2016): Bundesverfassungsgericht: Urteil des Zweiten Senats vom 13. Oktober 2016 – 2 BvR 1368/16 (Rn. 1-73) (http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/10/rs20161013_2bvr136816.html)

CETA: Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits. Einschließlich der Anhänge, Protokolle und Zusatzerklärungen zum eigentlichen CETA-Vertragstext veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14.1.2017 (Englisch: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=OJ%3AL%3A2017%3A011%3ATOC; Deutsch: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2017:011:FULL&from=DE)

CETA-GO: Rules of Procedure of the CETA Joint Committee (Annex zu Decision 001/2018 of the CETA Joint Committee of 26 September 2018, http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2019/february/tradoc_157677.pdf)

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EuGH (2018): Urteil in Rechtssache C-244/17 vom 4.9.2018

EUSFTA: Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur (https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-7972-2018-INIT/de/pdf)

Fischer-Lescano, Andreas (2016): CETA-Klageschrift (http://www.berliner-wassertisch.info/wp-content/uploads/2016/07/schriftsatz1507-ceta-organklage.pdf)

JEFTA (auch JEEPA oder WPA): Abkommen zwischen der Europäischen Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft, COM(2018) 192 final – Annex 1, offizielle deutsche Übersetzung des Vertragstextes (ohne die Anhänge: http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-7960-2018-ADD-1/de/pdf; Anhänge, ab Dokument 3: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018PC0192&from=EN)

JEFTA-GO-Entwurf: Anhang des Anhangs zu COM(2019) 105 final vom 22.2.2019

Kahale, George (2018/forthcoming): ISDS: The Wild, Wild West of International Practice, Lecture Delivered at Brooklyn Law School on April 3, 2018 (https://www.bilaterals.org/IMG/pdf/isds-the_wild,_wild_west_of_international_law_and_arbitration.pdf), Demnächst in: Brooklyn Journal of International Law, 44. Jahrgang, Heft 1 

Köller, Thomas (2014a): Allgemeine Grundlagen der Politischen Theorie 1| Das wissenschaftliche Weltbild und die Mechanik des Marktes, Düsseldorf

Köller, Thomas (2014b): Allgemeine Grundlagen der Politischen Theorie 2| Das wissenschaftliche und das egozentrische Menschenbild, Düsseldorf

Köller, Thomas/Waiz, Eberhard (2018): CETA & Co. und die Zukunft der Demokratie. Gespräche mit Andreas Fisahn, Hans-Jürgen Blinn und Rainer Plaßmann, Düsseldorf 2018 (https://www.verlag-neue-aufklaerung.de/programm/titel/4-ceta-co-und-die-zukunft-der-demokratie.html)

Nettesheim, Martin (2017): Umfassende Freihandelsabkommen und Grundgesetz – Verfassungs-rechtliche Grundlagen der Zustimmung zu CETA, Tübingen, 25. Juni

Weiß, Wolfgang (2018a): Delegation to treaty bodies in EU agreements: constitutional constraints and proposals for strengthening the European Parliament, in: European Constitutional Law Review, 532-566

Weiß, Wolfgang (2018b): Analyse des JEFTA im Hinblick auf verfassungsrechtliche Probleme und die Sinnhaftigkeit einer Verfassungsbeschwerde, Juli 2018 (https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2018-08-07_Stellungnahme_Weiss_VB_gg_JEFTA.pdf)

[1] An anderer Stelle habe ich mich ausführlich mit den Argumenten des genannten Fachdiskurses beschäftigt und dargelegt, dass diese der wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten (vgl. Köller 2014a und b).

[2] Link s. Literaturliste.

[3] Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA) zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits (s. Literaturliste).

[4] Abkommen zwischen der Europäischen Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft (s. Literaturliste)

[5]  S. genauer unten: 5.2.2.

[6] Vgl. dazu auch Weiß (2018a: 538, 542 f.; 2018b: 1 f.).

[7] Art. 16.16 EUSFTA, Art. 30.6 CETA und Art. 23.5 JEFTA.

[8] Art. 80 Abs 1 Sätze 1 und 2 GG.

[9] Vgl. Art. 23, 24 GG.

[10] Grundlegend unter anderem das Urteil zum Lissabon-Vertrag (BVerfG 2009).

[11] Vgl. § 8 des Gesetzes über die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union.

[12] Dass dies entsprechend heute in Bezug auf die Entscheidungen der in Verträgen wie CETA oder EUSFTA eingerichteten Ausschüsse zu gelten habe, vertreten mit Nachdruck zum Beispiel Fischer-Lescano (2016: 33) und Fisahn (in Köller/Waiz 2018: 36).

[13] Vgl. Weiß (2018a: 554 f.).

[14] „Der Handelsausschuss kann ... e) nach Maßgabe dieses Abkommens Beschlüsse fassen oder Empfehlungen aussprechen“ (Art. 16.1.4 EUSFTA).

[15] „Ungeachtet des Absatzes 1 können die Vertragsparteien im Handelsausschuss oder in einem Sonderausschuss in den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen einen Beschluss zur Änderung dieses Abkommens fassen.“ (Art. 16.5 Abs. 2 EUSFTA) (Absatz 1 sieht die Möglichkeit regulärer Vertragsänderungen unter Beteiligung der Parlamente vor.)

[16] S. generell Köller/Waiz (2018), beispielsweise S. 83 f., 85-87.

[17] S. Art. 1 Abs. 3 b und c GATS.

[18] „Eine besondere Bedeutung ist einem Ausdruck beizulegen, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben.“

[19] Vgl. Kahale (2018/forthcoming).

[20] Hinweis: Artikel 16.5 enthält zwei verschiedene Vertragsveränderungsverfahren: das reguläre in Absatz 1 und das vereinfachte qua Entscheidungen der Ausschüsse in Absatz 2. Da der Verweis auf Absatz 1 fehlt, ist die zitierte Einschränkung beim jetzigen Stand streng genommen gegenstandslos.

[21] Nach Art. 218 Abs. 10 AEUV ist das EU-Parlament lediglich zu unterrichten.

[22] BVerfG (2014: Rn. 191).

[23] So verzeichnet es der von der Europäischen Kommission veröffentlichte Bericht (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2018/october/tradoc_157470.pdf).

[24] Siehe S. 6, 6. und 7. Zeile in einer dem Umweltinstitut München e. V. ergangenen Decision of the Secretary General on behalf of the Commission pursuant to Article 4 of the Implementing Rules to Regulation (EC) N° 1049/2001 (http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Downloads/01_Themen/03_Verbraucherschutz/Freihandelsabkommen/CETA/FOI_Klage_zum_SPS-Ausschuss/20181003_Final_desicion_der_COM_zu_SPS_Committee.pdf).

[25] Rules of Procedure of the CETA Joint Committee (s. Literaturliste unter CETA-GO).

[26] EuGH (2017).

[27] Bekräftigt im 2. Absatz des o. g. Berichts über die konstituierende Sitzung des Gemischen CETA-Ausschusses [http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2018/october/tradoc_157470.pdf]; entsprechend in Art. 22.3.4 JEFTA).

[28] Http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1811&title=CETA-Meetings-and-documents.

[29] Http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2019/march/tradoc_157809.pdf). Weitere vier Berichte weisen aus, dass es keine Teilnahme von EU-Mitgliedstaaten gab, der Rest macht hierzu keine Angaben.

[30] Art. 26.1.1 CETA bzw. Art. 22.1.3 JEFTA bzw. Art. 16.1.2 EUSFTA.

[31] EuGH (2018: Rn. 42-44, 27).

[32] Vgl. Weiß (2018a: 538, 542 f.).

[33] Betr. CETA: Art. 1 des Beschlusses (EU) 2018/1062 des Rates vom 16. Juli 2018, Amtsblatt der Europäischen Union L 190/13. Betr. JEFTA: Punkt 3. der Begründung des Vorschlags für einen Beschluss des Rates über den im Namen der Europäischen Union in dem mit dem Abkommen über eine strategische Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Japan andererseits eingesetzten Gemischten Ausschuss zu vertretenden Standpunkt im Hinblick auf die Annahme seiner Geschäftsordnung, COM(2019) 105 final vom 22.2.2019.

[34] Auch im Fall des EU-Handelsabkommens mit Kasachstan hat es die Kommission zunächst akzeptiert, dass der Rat als Rechtsgrundlage des Abschlusses auch jene Artikel der EU-Verträge (u. a. Art. 31 Abs. 1 EUV) benannt hat, die die Notwendigkeit der Einstimmigkeit der Ratsentscheidung nach sich ziehen. Als der Rat diesen Artikel auch wieder als Rechtsgrundlage seiner Festlegung des in den verschiedenen EU-Kasachstan-Handelsvertrags-Ausschüssen zu vertretenden Gemeinsamen Standpunkts (in Bezug auf deren Geschäftsordnungen) benannt hat, hat sie hingegen vor dem EuGH auf Nichtigkeit dieses Beschlusses geklagt und Recht bekommen (s. EuGH 2018: Rn. 2, 9, 14, 47 f.).

[35] http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Downloads/01_Themen/03_Verbraucherschutz/Freihandelsabkommen/CETA/FOI_Klage_zum_SPS-Ausschuss/20181003_Final_desicion_der_COM_zu_SPS_Committee.pdf  (hier insbesondere Abschnitt 2.1).

[36] Htps://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/WGTransCorp/Pages/IGWGOnTNC.aspx.

[37] Https://www.cora-netz.de/wp-content/uploads/2019/02/2019-01_TA-D-Briefing-Papier_ZeroDraft_web.pdf.

[38] Vgl. neben vielen späteren Veröffentlichungen Heydenreich et al. (2014).

[39] CETA-GO: Rule 11.1; JEFTA-GO-Entwurf: Art. 4.

[40] Http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Downloads/01_Themen/03_Verbraucherschutz/Freihandelsabkommen/CETA/FOI_Klage_zum_SPS-Ausschuss/20181003_Final_desicion_der_COM_zu_SPS_Committee.pdf (hier insbesondere 2.1). S. auch den Bericht von Eric Bonse in der taz vom 8.12.2018: Schon wieder Geheimnisse (http://www.taz.de/!5553877/).

[41] Http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Downloads/01_Themen/03_Verbraucherschutz/Freihandelsabkommen/CETA/FOI_Klage_zum_SPS-Ausschuss/20181203_Klageschrift_CETA_SPS_Ausschuss_Informationsfreiheitsanfrage.pdf.